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Warum wir aus Corona für den Rentenbeginn lernen können (und was)

Vor einem Jahr begann der erste Lockdown und neben den gesundheitlichen Folgen sind die psychischen Belastungen inzwischen allgemein anerkannt. In diesem Beitrag greife ich einen Aspekt heraus, den ich eher als positiv einschätze: da psychischen Belastungen enttabuisiert wurden, können Ängste und depressive Verstimmungen leichter im Freundes- und Kollegenkreis thematisiert werden. Nach meiner Einschätzung wird das auch Menschen helfen, die dem Renteneintritt mit gemischten Gefühlen entgegensehen.

Die psychischen Folgen von Corona

Nach gut einem Jahr Corona sind wir alle Experten, was die Folgen der Corona-Situation angeht, denn wir alle sind dieser Situation ausnahmslos ausgesetzt. Es sind aber nicht nur die körperlichen Folgen, sondern auch die psychischen, die uns belasten. Schon vor einem Jahr haben die Psychologen diese Belastungen kommen sehen und entsprechende Programme entwickelt. Aus einem Interventionsprogramm des Max Planck Instituts für Psychiatrie habe ich die folgende Abbildung entnommen:

Die psychischen Folgen von Corona und ihre Wechselwirkungen

Inzwischen leben wir seit über einem Jahr mit der Pandemie und die Vermutungen der Psychologen sind  wissenschaftlich abgesichert: Symptome von Angst, Stress und Depression haben deutlich zugenommen (siehe beispielsweise die Ergebnisse der Nako-Gesundheitsstudie).

Ich befasse mich beruflich mit der Neuorientierung an Wendepunkten des Lebens – z.B. unterstütze ich Menschen beim Übergang vom Arbeitsleben in die Rente. Einige der psychischen Belastungen aus der Abbildung kamen mir sofort bekannt vor, weil sie beim Ausscheiden aus dem Berufsleben ebenfalls auftreten können.  Daher meine Vermutung: der Übergang in den Ruhestand ist nicht nur schön, sondern bedeutet für manche Menschen auch eine psychische Belastung und ist in dieser Hinsicht vergleichbar mit Corona.

Lebensrisiko Renteneintritt

Um die Vermutung zu belegen habe ich ein wenig gesurft und wurde fündig. Studien belegen, dass der Übergang in den Ruhestand eine der anfälligsten Phasen im Leben für Herzinfarkte und Depressionen ist. Kein Wunder: weniger Sozialkontakte, mangelnde Tagesstruktur, Wegfall der sinnstiftenden Beschäftigung – das sind keine Kleinigkeiten.

Allerdings ist das nicht die ganze Wahrheit. Es kommt – wie so oft im Leben – darauf an, an welchem Platz im Leben man sich befindet. Männer, die körperlich anstrengende Routinearbeiten verrichten, profitieren davon, wenn sie bereits mit 63 Jahren in den Ruhestand gehen können. Bei Männern und Frauen aus der oberen Hälfte der Einkommensverteilung, die mit 65 Jahren in Rente gehen, steigt die Sterblichkeit um zwei bis drei Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung.

Herausforderungen beim Ausscheiden aus dem Berufsleben

Man muss ja nicht gleich den Teufel an die Wand malen. Für jemanden, der seinen Renteneintritt in absehbarer Zeit vor sich hat, kann es aber durchaus hilfreich sein, sich die Herausforderungen zu vergegenwärtigen. Ganz nach dem Motto: Gefahr erkannt, Gefahr gebannt! Und hier kommt die Parallele zu Corona ins Spiel. Es gibt einige Faktoren, die – auch von jungen Menschen – während Corona als belastend erlebt wurden und die auch beim Renteneintritt eine Rolle spielen. Ein Jahr mit Corona hat dazu geführt, dass sich jetzt viel mehr Menschen vorstellen können, was es bedeutet, wenn das soziale Netzwerk nur noch sehr eingeschränkt vorhanden ist oder die Tagesstruktur zerbröselt. Und weil diese Erfahrung jetzt von so vielen Menschen gemacht wurde, ist es heute leichter möglich, dieses Unbehagen zu thematisieren ohne gleich in die Jammerecke abgeschoben zu werden.

Die nachfolgende Liste zeigt, welche Faktoren als belastend erlebt werden können. Wohlgemerkt können – denn es gibt natürlich auch viele Menschen, die sich einfach nur auf ihren Ruhestand freuen und sehr genau wissen, wie sie ihn gestalten können.

  • Wenige Sozialkontakte außerhalb des Berufs
  • Mehr Konflikte zu Hause. Zwei Szenarien sind denkbar: entweder häufen sich die Konflikte, weil der/die Erwerbstätige jetzt plötzlich auch zu Hause ist. Oder einer der Partner ist noch berufstätig und es gibt Konflikte über die Aufgabenverteilung
  • Mangelnde Tagesstruktur
  • Langeweile, weil man sich zu nichts aufraffen kann
  • Prestigeverlust durch den Wegfall des Jobs
  • Gefühl der Sinnlosigkeit, insbesondere wenn die Arbeit als sehr sinnstiftend erlebt wurde
  • Kompensation des Frusts durch Alkohol, Zigaretten oder Schokolade kann dazu führen, dass das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigt
  • In der Folge: Schlafstörungen und depressive Verstimmungen – insbesondere wenn jemand gegen seinen Willen in Frührente geschickt wird

Der Weg in eine glückliche neue Lebensphase

Keiner der oben erwähnten Faktoren muss das Leben nachhaltig beeinträchtigen. Sozialkontakte können – nach Corona – über Vereinsmitgliedschaften, ehrenamtliche Tätigkeiten oder Freizeitsport aktiv ausgebaut werden. Jede:r kann sich selbst Gedanken darüber machen, wie viel Struktur künftig noch erwünscht ist und diese Struktur selbst definieren. Jede:r kann herausfinden, was im Leben wichtig ist und sich für dieses Thema engagieren. Es ist nachgewiesen,  dass sich aus psychologischer Sicht ältere Menschen etwas Gutes tun, wenn sie sich aktiv um nachfolgende Generationen kümmern und dabei ihren persönlichen Erfahrungsschatz weitergeben (Stichwort: Generativität).

So unterschiedlich wie die Menschen, sind auch ihre Herausforderungen. Manche Menschen wissen ganz genau, wie sie diese neue Lebensphase gestalten möchten. Andere denken mit einem leichten Unbehagen daran. Ich halte es für einen guten Schritt, dieses Unbehagen zu thematisieren – sei es im Familien- oder Freundeskreis oder mit Hilfe eines Coaches. Ein Coach kann dabei unterstützen, neue Perspektiven zu entwickeln und diese Lebensphase aktiv zu gestalten. Denn alles in allem ist es doch ein Geschenk! Immer mehr Menschen haben noch um die 20 gute Jahre vor sich, wenn sie aus dem Beruf ausscheiden.

Wenn Du Dich mit mir über dieses Thema unverbindlich unterhalten möchten, dann buche ein unverbindliches Kennenlerngespräch bei mir.Vielleicht kann ich Dich beim Übergang unterstützen.

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