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Vom Glaubenssatz „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ hin zu „Meine Arbeit ist mein Vergnügen“

Unser Leben ist geprägt von Überzeugungen und Glaubenssätzen, die uns oft unbewusst begleiten. Einer dieser Glaubenssätze, der sich in unserer Gesellschaft tief verankert hat, lautet: „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ (auf schwäbisch „schaffe, schaffe, Häusle baue – und nit nach de Mädle schaue“). Ich halte diese Überzeugung deswegen für kritisch, weil sie insbesondere bei Menschen in der Lebensmitte eine notwendige Neuorientierung blockieren und hinauszögern kann.
Mit diesem Beitrag wende ich mich an alle, die sich in dem Satz wiedererkennen. Ich zeige auf, wie so ein Glaubenssatz entstehen kann, was er für Auswirkungen hat und dass es möglich ist, den hilfreicheren Satz „Meine Arbeit ist mein Vergnügen“ statt dessen zu lernen.

Wie entstehen Glaubenssätze?

Der Begriff Glaubenssätze ist einer der psychologischen Begriffe, die inzwischen Eingang in die Alltagssprache gefunden haben. Vermutlich gibt es dennoch viele, die nicht genau wissen, was er bedeutet. Es handelt sich dabei um eine nicht mehr hinterfragte Annahme darüber, wie das Leben funktioniert. Glaubenssätze entstehen sehr früh und sind die individuelle Antwort auf die Umstände und Reize, denen ein Mensch in seiner Kindheit ausgesetzt ist. Es sind individuelle Reaktionen darauf, wie die Welt wahrgenommen wird. Weil sie so früh gebildet werden, sind sie den Erwachsenen in aller Regel nicht mehr bewusst, denn sie erscheinen so selbstverständlich wie die Luft zum Atmen.
Ein Beispiel: Ein Kind wird von früh an gelobt und belohnt dafür, wenn es sich ruhig verhält. Daraus könnte die Lebensregel entstehen: Bloß nicht auffallen. Ich schreibe bewusst „könnte“, denn Menschen sind komplex und derselbe Reiz, kann unterschiedliche Reaktionen hervorrufen. Sprich: Ein anderes Kind nimmt das Lob und die Belohnung an, entwickelt aber keinen Glaubenssatz daraus – oder einen anderen. Die gute Nachricht ist: Glaubenssätze sind erlernt und deswegen ist ein Umlernen möglich.

Die gute Absicht hinter „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“

Eltern wollen in der Regel das Beste für ihre Kinder. Die Eltern der Kinder, die in den 60er und 70er Jahren geboren wurden, haben den Krieg direkt oder indirekt mitbekommen. Auf jeden Fall haben sie den Wiederaufbau Deutschlands hautnah erlebt. Und dieser Wiederaufbau forderte viel Verzicht und Leistung. Glücklicherweise hat sich der Einsatz gelohnt. Die Elterngeneration hat das Wirtschaftswunder erlebt und auch, dass es möglich ist, sich hochzuarbeiten, wenn man es nur wirklich will. Diese Erfahrung haben sie an die nächste Generation weitergegeben.

In dieser Generation finden sich außerdem viele „Erstakademiker“, also die ersten aus der Familie, die studiert haben. Ein Studium, das sowohl den Eltern als auch den Kindern einiges abgefordert hat: den Eltern finanziell und den Kindern auch, denn die Eltern konnten nicht helfen und Vorbilder gab es im engeren Familienkreis auch nicht.

Auch wissenschaftlich punktet der „Erst-die-Arbeit-dann-das-Vernügen“-Glaubenssatz. Der Marshmallow Test stellte einen Zusammenhang zwischen der Fähigkeit zur Impulskontrolle bei Vorschulkindern und späterem Lebenserfolg fest. Nicht nur das Elternhaus, auch die Schule hat dazu beigetragen, dass diese Überzeugung sich weit verbreitet hat. Und alle wollten sie nur das Beste! Bitte nicht falsch verstehen: Impulskontrolle und die Fähigkeit, auf das Vergnügen eine Zeit lang zu verzichten, können sehr wertvolle Fähigkeiten sein. Es gibt viele Menschen, die genau das nicht können und deshalb unglücklich sind. Aber um die geht es in diesem Beitrag nicht.

Die unschönen Auswirkungen

Das Unschöne an Glaubenssätzen ist, dass sie uns oft nicht mehr bewusst sind und dennoch wirken. Ich kenne gar nicht wenige erfolgreiche Frauen in der Lebensmitte, die nicht glücklich sind. Sie leisten viel und spüren, dass sie eigentlich etwas Anderes möchten. Aber die Pflicht ruft. Sie können sich um ihre eigenen Bedürfnisse erst kümmern, wenn die Arbeit getan ist. Und das ist eigentlich nie der Fall. Die To-do-Liste wird nie leer, denn sobald sie leerer wird, kommen neue Aufgaben hinzu und so geht es immer weiter. Es bleibt nicht mehr genügend Energie für das Vergnügen übrig. Entweder wird dieser Zustand irgendwann so unhaltbar, dass der Körper sich meldet und sein Recht auf Pause und Vergnügen einfordert. Oder das Pensum ist irgendwie bewältigbar, aber die Lebensfreude und Lebendigkeit leidet.

Häufig blockiert der „Erst-die-Arbeit-dann-das-Vernügen“-Glaubenssatz auch eine notwendige berufliche Neuorientierung. Denn so eine Neuorientierung braucht Zeit und inneren Raum. Beides Dinge, die bei den Betroffenen eher im Bereich Vergnügen angesiedelt sind. Was ich mehrfach gehört habe von Menschen, die irgendwann die Umorientierung geschafft haben, ist die Feststellung, dass sie das schon viel früher hätten machen sollen. Klar, hinterher ist man immer schlauer. Aber was tun, wenn man erkannt hat, dass dieser Glaubenssatz wirksam ist?

Gegenmaßnahmen

Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, als ob solche Glaubenssätze wie durch Zauberhand umgekehrt werden können. In manchen Fällen ist das möglich, aber Standardrezepte gibt es nicht. Ein erster wichtiger Schritt ist die Erkenntnis, dass der Glaubenssatz wirksam ist. Dabei kann Achtsamkeit helfen, also eine besondere Form der Wahrnehmung dessen, was im aktuellen Moment gerade vor sich geht.
Manchmal reicht bereits die Erkenntnis. Manchmal helfen auch sogenannte „Erlauber“, also Sätze, die in die gegensätzliche Richtung wirken, wie zum Beispiel „Ich darf meine eigenen Bedürfnisse ernst nehmen“.
Vielleicht hilft es auch, sich bewusst zu machen, dass in der Lebensmitte vieles schon aufgebaut und erreicht wurde. Es ist also eigentlich gar nicht mehr notwendig, das Vergnügen immer weiter aufzuschieben. Was im Einzelfall hilft, hängt von der individuellen Situation ab. Es gibt viele Life-Coaches, die bei der Aufdeckung und dem Umlernen von Glaubenssätzen unterstützen können (ich natürlich auch). Ich spreche übrigens bewusst von Umlernen, denn ob man so eine starke Überzeugung „löschen“ kann, wage ich zu bezweifeln. Und gerade die Fähigkeit zur Impulskontrolle und zum Dranbleiben ist ja durchaus auch hilfreich. Es geht eher darum, flexibler zu werden und seinem Glück nicht selbst im Wege zu stehen.

Die Arbeit ist mein Vergnügen

Interessanterweise geht der Glaubenssatz „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ von einem Gegensatz zwischen Arbeit und Vergnügen aus. Was, wenn dieser Gegensatz gar nicht existiert? Was, wenn die Arbeit so erfüllend ist, dass sie das reinste Vergnügen ist? Seit ich selbständig bin, ist das bei mir der Fall. Und ich bin nicht die Einzige. Ich kenne viele andere Selbständige, denen es genau so geht (einige Angestellte übrigens auch!). Luise Geier-Asfiaoui drückte es so aus: Bei mir ist Arbeit Vergnügen. Sonst würde ich sie beenden.

Zum Schluss noch ein Impuls: Wenn du den Satz hörst „Die Arbeit ist mein Vergnügen“ und sofort eine deutliche Abwehr spürst, dann könnte das ein guter Hinweis darauf sein, dass es Zeit ist für eine Neuorientierung. Dann warte nicht zu lange, sondern suche dir Unterstützung. Du könntest beispielsweise ein kostenloses Gespräch bei mir buchen, in dem wir schauen können, was in deiner konkreten Situation hilfreich sein könnte. Je früher du dich mit der Veränderung befasst, desto länger hast du etwas davon.


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