Neulich in der Küche. Ich habe viel zu spät mit dem Kochen angefangen und in der Eile schneide ich mir beim Zwiebelschneiden in den Finger. „Das ist ja typisch“ schießt mir als erster Gedanke durch den Kopf. „Halt!“, kommt es kurz danach. Schlimm genug, dass ich jetzt statt zu kochen mit dem Finger beschäftigt bin – und weh tut es obendrein. Ich muss mir nicht auch noch selbst zusetzen. Bei einer guten Freundin würde ich das schließlich auch nicht tun. Ihr würde ich mit Mitgefühl begegnen und versuchen, sie zu trösten. Das ist genau das, worum es beim Selbstmitgefühl geht: das Mitgefühl, das wir für andere haben, auch auf uns selbst zu übertragen.
Warum ich außerdem denke, dass die Entwicklung eines guten Selbstmitgefühls die Tür zur persönlichen Weiterentwicklung öffnet, das schreibe ich in diesem Beitrag. Zusätzlich findest du darin 6 Tipps, mit denen du dein Selbstmitgefühl stärken kannst.
Was versteht man unter Selbstmitgefühl
Selbstmitgefühl ist ein Konzept aus der buddhistischen Philosophie und wurde von der Psychologin Kristin Neff wissenschaftlich erforscht und in wissenschaftlich fundierte Kurse zum Thema Achtsames Selbstmitgefühl umgesetzt.
Selbstmitgefühl bedeutet, dass man sich selbst auch bei Fehlern und Misserfolgen genauso gütig und verständnisvoll behandelt, wie man sich etwa einem guten Freund gegenüber verhalten würde.
Die 3 Säulen des Selbstmitgefühls
1. Selbstfreundlichkeit
Wenn es mir gelingt im Selbstmitgefühl zu sein, dann bezeichnet Kristin Neff das als „liebevoll verbundene Präsenz“. Genau so, wie man mit einem lieben Freund verbunden ist, können wir auch mit uns selbst verbunden sein. Mitgefühl fragt nicht: Wer hat Schuld, sondern: Wie kann ich dir helfen? Was brauchst du, um Verantwortung für das Leid zu übernehmen, das dir mit oder ohne dein Zutun widerfahren ist?
2. Achtsames Gewahrsein
Ein Begriff aus der Achtsamkeitspraxis und zugegebenermaßen ein sperriger Begriff. Anders ausgedrückt geht es darum, aufrichtig anzuerkennen, was gerade ist. Es ist eigentlich erstaunlich, dass das Anerkennen einer schwierigen Situation tatsächlich Erleichterung bringt. Wenn ich mich also in den Finger geschnitten habe, dann kann ich feststellen, dass es weh tut, dass ich mich gestresst fühle und verärgert bin über mich selbst. Vielleicht entdecke ich auch Selbstmitleid („immer passiert mir so was“) oder Abwehr („warum muss ich eigentlich immer kochen?“). Ich nehme all diese Stimmen und Empfindungen wahr und „höre erst einmal zu“, ohne sie zu bewerten. So wie ich es bei einer guten Freundin auch tun würde.
3. Gemeinsames Menschsein
Insbesondere Menschen mit einem starken Perfektions- oder Leistungsanspruch tun sich zuweilen schwer damit, zu akzeptieren, dass Fehler und Missgeschicke zum Menschsein dazugehört. Indem wir anerkennen, dass Fehler, Misserfolge und Verluste zum Leben dazugehören und wir nicht alleine damit sind, gelingt es besser, Selbstkritik und Selbstverurteilung loszulassen. Wenn wir uns eingestehen, dass es so ist und es wirklich akzeptieren lernen, werden wir nicht nur freundlicher zu uns selbst, sondern ermöglichen auch tiefe Verbindungen zu anderen Menschen.
Warum ist Selbstmitgefühl der Schlüssel für persönliche Weiterentwicklung?
Vielleicht denkst du, dass dich Selbstgefühl schwach macht. Getreu der alten Devise „was mich nicht umbringt, macht mich nur härter“. Genau so ist es leider: Wenn wir nicht freundlich mit uns umgehen und unsere Grenzen wohlwollend betrachten, werden wir immer härter. Das verengt unsere Perspektive und verhindert, dass wir offen bleiben für Möglichkeiten, die sich unerwartet auftun. Um es ganz deutlich zu sagen: Selbstmitgefühl ist nicht Selbstmitleid.
Vielleicht kennst du auch Menschen, denen scheinbar alles gelingt und denen alles zufällt. Das ist nicht nur eine persönliche Beobachtung, sondern wird sogar wissenschaftlich erforscht und hat einen eigenen Namen: das Serendipidätsprinzip. Ich nenne es lieber glückliche Fügung, weil ich den Fachbegriff selbst kaum aussprechen kann.
Menschen, die sich selbst gut sind, können die Welt mit mehr Großzügigkeit und Gelassenheit betrachten. Genau diese entspanntere Haltung führt dann dazu, dass sie Dinge und Menschen auf ihrem Weg entdecken können, die ihnen dabei helfen, neue Wege an ihr Ziel zu entdecken.
Wie findest du heraus, wie es um dein Selbstmitgefühl bestellt ist?
Die Psychologin und Wissenschaftlerin Kirstin Neff, die sich schwerpunktmäßig mit dem Thema Selbstmitgefühl beschäftigt, hat einen Test entwickelt. Der Test wurde von wachstumstracker übersetzt und mit einer Anleitung zur Auswertung ergänzt. Du findest den Test unter diesem Link. Ich finde diesen Test auch deshalb interessant, weil er die verschiedenen Dimensionen veranschaulicht, durch die sich Selbstmitgefühl ausdrücken kann.
6 Tipps, mit denen du dein Selbstmitgefühl stärken kannst
- Sei dir selbst eine gute Freundin. Versuche dir vorzustellen, was du in einer verletzenden Situation wünschst oder brauchst und gebe dir das. Genau so wie du es auch einer lieben Freundin geben würdest.
- Gebe dir die Erlaubnis, unvollkommen zu sein.
- Nutze die Affirmation „Möge ich freundlich zu mir sein“. Wenn du viel am Computer arbeitest, kannst du sie als Bildschirmschoner hinterlegen. Das funktioniert auch am Handy. Wichtig ist, dass du immer wieder über diese Affirmation stolperst. Ein Post-it auf dem Badezimmerspiegel erfüllt diesen Zweck also auch.
- Erinnere dich daran, dass du nicht alleine bist.
- Übe dich in Achtsamkeit. Die Quintessenz der Achtsamkeit ist es, aus dem Autopiloten auszusteigen und immer öfter zu bemerken, was jetzt gerade ist. Damit gelingt es dir immer öfter, die inneren kritischen Stimmen wahrzunehmen. Es gibt unzählige Möglichkeiten, Achtsamkeit zu praktizieren. Eines der bekanntesten Programme ist das 8-wöchige Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (Mindful-Based Stress Reduction), das Jon-Kabat-Zinn 1970 konzipiert und wissenschaftlich erforscht hat.
Ich selbst biete zum Einstieg in die Thematik einen 60-minütigen Online-Workshop an, in dem du lernst, wie du dich im hektischen Alltag besser wahrnehmen kannst. Ich zeige Mini-Übungen und hilfreiche Strukturen, die dich dabei unterstützen. - Weil sich alte eingeschliffene Verhaltensmuster nicht von heute auf morgen ändern, biete ich auch ein 6-wöchiges Online-Programm an. Unter dem Motto „Schluss mit Muss!“ gibt es wöchentliche Inputs und viel Gelegenheit Selbstmitgefühl zu üben. Hier kannst du dich auf die Interessentenliste setzen und erfährst dann zeitnah, wann das Programm das nächste Mal startet.
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Vielen Dank fürs Teilen des Selbsttests auf meinem Blog! Ich hoffe, dass er vielen dabei hilft, das eigene Selbstmitgefühl besser zu verstehen. 🙏
Übrigens auch ein ganz toller Blogbeitrag zum Thema Selbstmitgefühl von Dir, bei dem mir vor allem die 6 Tipps zur Stärkung des Selbstmitgefühls sehr gut gefallen! 😊👍
Danke für die Rückmeldung. Mir gefällt deine Seite sehr gut. Da werde ich mich auf jeden Fall noch weiter umsehen. Schade finde ich, dass ich dich nicht persönlich ansprechen kann. Habe keine Info gefunden, wer sich hinter Wachstumstracker befindet. Du wirst deine Gründe haben – und deine Seite ist auf jeden Fall klasse!
Herzliche Grüße, Korina
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