Nicole Werner hat eine wunderbare Blogparade ins Leben gerufen. Es geht um Projekte, die die Welt ein Stückchen besser machen. Dazu habe ich was zu sagen. Einerseits finde ich, dass der Luther-Treff gut zu diesem Thema passt. Andererseits will ich mit diesem Beitrag andere ermutigen, ihren Beitrag dazu zu leisten, die Welt tatsächlich ein wenig besser zu machen. Nicht jeder hat das große Glück, sich in seiner Arbeit verwirklichen zu können – da kann ein ehrenamtliches Engagement ein gutes Gegengewicht sein. Außerdem möchte ich in dem Beitrag die wichtigsten Erkenntnisse teilen, die ich im Laufe des Projekts gesammelt habe.
Was ist der Luther-Treff?
Der Luther-Treff ist ein Treffpunkt, bei dem Menschen zusammenkommen, die gerne in Gesellschaft und schöner Umgebung gemeinsam essen möchten. Er findet zweimal im Monat statt: jeden ersten Donnerstag im Monat in Form eines Abendpicknicks und am 3. Donnerstag im Monat als gemeinsames Mittagessen.
Der Luther-Treff wird von der evangelischen Kirchengemeinde in Reilingen unterstützt: Sie stellen das Gemeindehaus dafür zur Verfügung, sowie Brot, Butter und Apfelsaft für das Abendpicknick. Überdies wird der Luther-Treff in den wöchentlichen Gottesdiensten angekündigt. Unabhängig davon gibt es Ankündigungen im WhatsApp Status und über Facebook – auch die Nachbarschaftsplatform nebenan wurde schon genutzt (war aber nicht so viel wirksam).
Das gemeinsame Mittagessen wird von Ehrenamtlichen zubereitet und serviert. Um die Mengen besser planen zu können, ist hierfür eine Anmeldung erforderlich. Damit wirklich jede:r kommen kann, wird dieses Essen auf Spendenbasis ausgegeben.
Für das Abendpicknick ist weder Anmeldung noch Spende erforderlich. Jeder, der kommt, bringt einen Beitrag zum Buffet mit. So kommt eine schöne Auswahl zusammen und die Mengenplanung geht immer auf.
Wie alles begann
Die Idee, ein gemeinsames Mittagessen zu organisieren, geisterte schon länger in meinem Kopf herum. Als ich in den Vorruhestand ging und meine Selbständigkeit noch nicht absehbar war, hatte ich Luft für ein neues Projekt. Gleichzeitig war mir klar, dass ich so ein Projekt nicht alleine stemmen wollte. Hier kam ein wenig Glück ins Spiel. Eine gute Bekannte aus dem Ort – eine Macherin und großes Organisationstalent – hatte gerade ebenfalls etwas Luft und auch Lust, gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen. So sind wir im Sommer 2020 in die Kirchengemeinderatssitzung, um die Projektidee vorzustellen. Die Vorstellung war erfolgreich: Nicht nur, dass der Kirchengemeinderat das Projekt gut fand, nein, es meldeten sich gleich zwei Kirchengemeinderätinnen für das Projekt-Team. Die erste Hürde war also geschafft.
Erkenntnisse:
- Never walk alone – wenn du etwas Eigenes erschaffen willst, dann such dir Mittäter:innen mit komplementären Fähigkeiten.
- Unterschiedlichkeit ist der Schlüssel zum Erfolg – die Co-Projektleiterin ist eine Macherin, die außerdem sehr viel Ahnung vom Kochen für Viele hat. Ich bin versierter in der Kommunikation, beim Stakeholder-Management und beim Aufsetzen von Projektstrukturen.
- Erkenne die wesentlichen Stakeholder für das Projekt und hole sie mit ins Boot. Ohne die Unterstützung der Pfarrerin und des Kirchengemeinderats hätten wir gar nicht loslegen können.
Ruckliger Start
Die Projektvorstellung im Kirchengemeinderat war im Juni 2020 – in der relativ ruhigen Phase zwischen dem ersten und dem zweiten Lockdown. In dieser Zeit haben wir Geldgeber gesucht (und gefunden), Freiwillige rekrutiert, die notwendige Ausstattung besorgt und einen Flyer entwickelt. Auch der Flyer war ein Gemeinschaftswerk – es entstand durch Laien mit einer Affinität zu Design. Keine der Beteiligten hat eine Grafikausbildung.
Im August 2020 hatten wir das erste Abendpicknick – wir wollten bewusst mit dem Einfacheren anfangen, bevor es dann im September 2020 mit dem ersten Mittagessen losging. Beides hat gut geklappt – aber bevor sich die Sache einschleifen konnte, kam es zum nächsten Lockdown.
Erkenntnisse:
- Es gibt überraschend viele Menschen, die sich gerne ehrenamtlich engagieren.
- Es gibt viele Menschen mit Fähigkeiten, die sie sich in ihrer Freizeit angeeignet haben und gerne zur Verfügung stellen (Stichwort: Grafik, Projekt- und Prozessorganisation). Wichtig ist, dass sie Gestaltungsspielraum haben – das ist etwas, das im Berufsleben leider oft fehlt.
- Es ist nicht so schwierig, in einem dörflichen Umfeld, eine Anschubfinanzierung auf die Beine zu stellen. Auf dem Land, kennen sich viele und man weiß, wen man fragen kann. Die lokalen Banken (Sparkasse, Volksbank) sind gute Anlaufstellen, aber auch die Aktion Mensch unterstützt soziale Projekte. Ein gut vernetzter Mensch ist auf jeden Fall ein Gewinn für ein ehrenamtliches Projekt.
- Einfach mal anfangen, auch wenn einiges noch unklar ist. Glücklicherweise wussten wir nicht, dass es weitere Lockdowns geben und wie lange sie dauern würden. So haben wir einfach immer weitergemacht und das erledigt, was gerade möglich war. Als es dann richtig losging, konnten wir uns ganz auf die Essenszubereitung konzentrieren.
Organisatorisches
Für die Anmeldung zum Mittagessen nutzen wir ein Google-Formular. Wer kein Smartphone hat, ruft einfach im Pfarrbüro an – die Sekretärin trägt die Anrufenden dann in die Liste ein. Nach dem Termin löschen wir die Liste wieder, damit keine personenbezogenen Daten unnötig gespeichert werden.
Für die Organisation des Schichtplans nutzen wir die bring-a-bottle-Liste. Das funktioniert ziemlich gut, denn so kann jeder sehen, wo noch Helfer fehlen und wer sich schon eingetragen hat.
Erkenntnis
Tools sind sehr hilfreich – sie ersetzen aber die persönliche Kommunikation nicht.
Gedanken zum Ehrenamt
Ich habe gemischte Gefühle zum Thema Ehrenamt. Ich sehe, dass es eine Möglichkeit ist, etwas Wertvolles für die Gesellschaft zur Verfügung zu stellen, das es ohne dieses Engagement vermutlich nicht gäbe. Kritisch sehe ich, dass dadurch Erwartungshaltungen entstehen und die Preise für Dienstleistungen gedrückt werden. Auch sind es oft Frauen, die sich neben der (nicht bezahlten) Care-Arbeit auch noch ehrenamtlich engagieren. Andererseits ist das Ehrenamt auch eine Möglichkeit, sich breiter zu vernetzen und sich Kenntnisse oder Fähigkeiten anzueignen, die auch beruflich weiterhelfen können.
Nachfolgend ein paar Fragen und Denkanstöße, die dazu dienen sollen, die eigenen Haltung zum Ehrenamt zu klären:
- Warum möchte ich mich ehrenamtlich engagieren? Welches Bedürfnis steckt dahinter: Möchte ich etwas Sinnvolles machen, weil die Arbeit nicht sinnvoll erscheint? Möchte ich in einem motivierten Team gemeinsam etwas erschaffen? Will ich der Gesellschaft etwas zurückgeben?
- Möchte ich ein eigenes Projekt aufbauen oder in einem bestehenden Team mitwirken?
- Was bringe ich mit? Das können berufliche Fähigkeiten sein, wie bspw. Excel-Kenntnisse oder Organisationstalent. Es können aber auch die eigenen Kontakte oder Teamfähigkeit und Kreativität sein.
- Was könnte ich im Ehrenamt lernen? Es ist wichtig, dass auch etwas für einen selbst „drin“ ist. Das hilft über Zeiten hinweg, in denen nicht alles rund läuft.
- Kenne ich jemanden, der schon das macht, was mir vorschwebt?
- Gibt es Hürden, die mich von einem Engagement abhalten? Welche sind das und wer könnte mir helfen, sie zu überwinden?
Gemeinsam wird unmögliches möglich
Wenn sich verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Vorlieben für ein gemeinsames Ziel engagieren, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es erfolgreich wird. Es gehört vielleicht auch ein Quäntchen Glück dazu und natürlich die Flexibilität, mit unvorhergesehenen Herausforderungen umzugehen.
Für mich ist das ehrenamtliche Engagement beim Luther-Treff einfach schön: – ich komme mit Menschen in Kontakt, die ich sonst nie kennengelernt hätte. Ich lerne ständig dazu: seien es neue Rezepte oder Kniffs und Tricks in der Küche oder neue Software. Ich kann meine Ideen einbringen und mit dem Team weiterentwickeln. Und vor allem sehe ich, wie diese gemeinsamen Essen für manche Gäste einen spürbaren Unterschied in ihrem Alltag machen.
Noch ein Tipp zum Schluss in eigener Sache
Mein ehrenamtliches Engagement trägt sehr zu meiner Zufriedenheit bei. Das Thema Zufriedenheit ist mir wichtig, weil es eine ganz konkrete Möglichkeit ist, die Welt im eigenen Umfeld ein klein wenig besser zu machen. Dieses Jahr mache ich deshalb eine Adventsaktion speziell zu diesem Thema: Der wohlige E-Mail-Adventskalender – 24 wohlige Adventsmails, die deine Aufmerksamkeit auf deine Zufriedenheit lenken.
Herzlichen Dank für deinen Beitrag, das wundervolle Projekt, die Einblicke und die Erkenntnisse, die du mit uns teilst. Mit den Gedanken zum Ehrenamt bist du nicht allein, über ähnliches denke ich auch nach.