Am Aschermittwoch, also morgen, beginnt die Fastenzeit 2021. Es ist nicht so, dass ich diese Zeit jedes Jahr bewusst begehe und beispielsweise auf Fleisch oder Süßigkeiten verzichte. Eigentlich ist es sogar so, dass mich dieses Jahr der bevorstehende Beginn der Fastenzeit eher unvermittelt getroffen hat. Schon wieder Fastenzeit? Es war doch gerade erst Weihnachten?! Warum es so ist und was meine Gedanken hierzu sind, erfährst du in diesem Artikel.
Standortbestimmung
Früher war einiges anders, zum Beispiel gab es mehr Struktur: Tagesstrukturen, Wochenstrukturen und auch wiederkehrende Strukturen im Jahresablauf: Advent, Rauhnächte, Passionszeit uvm. Diese Strukturen beschränken einerseits unsere Freiheit, aber andererseits vermitteln sie uns auch Sicherheit. In Zeiten von Home Office haben viele die Bedeutung von Struktur wiederentdeckt: sie gibt uns Sicherheit und Halt. Sie hilft uns, auch unliebsame Dinge anzupacken – deshalb spiel Routine beim Thema Selbstmotivation eine wichtige Rolle. Zwischen Freiheit und Sicherheit liegt ein weites Feld. In den letzten Jahren habe ich persönlich eher die Freiheit betont, um dem anstrengenden und durchgetakteten Alltag etwas entgegenzusetzen.
Vor dem Was steht die Frage nach dem Wie
Dieses Jahr ist es anders! Vielleicht haben die Rahmenbedingungen dazu geführt, dass meine subjektive Empfindung der Unsicherheit zugenommen hat. Jedenfalls fühle ich mich hingezogen zu der Idee, die Passionszeit irgendwie anders zu verbringen. Und – auch das gestehe ich gerne ein – ich erhoffe mir, mitgezogen zu werden von der Energie der Mitfastenden. Eigentlich sind wir ja alle schon seit Anfang November mehr oder weniger am Kontaktfasten – dieses unfreiwillige Fasten hat mich an den Punkt geführt, an dem ich gerade bin: Sehnsucht nach Veränderung und zu schwach, um es alleine zu bewerkstelligen.
Wenn ich genauer auf meine Motivation hinschaue, dann verbirgt sich hinter dem Wunsch nach Veränderung die Einsicht, dass sich die Veränderung nicht von alleine einstellen wird.
Nur vom Verwandelten können Verwandlungen ausgehen.
Sören Kierkegaard
Die Fastenzeit als Zeit der eigenen Wandlung zu nutzen, da zieht es mich hin. Nur: wie kann ich mich selbst wandeln? Ich könnte Wandlung in mein Leben einladen, wenn ich eine Zeit lang Dinge anders handhabe. Vielleicht werden es auch nicht die ganzen sieben Wochen, aber wenigstens einen Anfang machen will ich. Ich denke dabei nicht an Süssigkeiten oder Alkohol, denn davon konsumiere ich ohnehin wenig. Aber vielleicht sollte ich diese Zeit nutzen, um auszuprobieren, vegan zu leben? Das wollte ich schon immer mal ausprobieren. Das steht bereits auf meiner schönesbuntesLeben Liste und warum nicht die Gelegenheit dafür nutzen? Könnte ja sein, dass dadurch tatsächlich die Gelenkschmerzen weniger werden. Versuchmachtmanchmalkluch. So ganz überzeugt bin ich noch nicht….. Denn es gibt auch eine Erschöpfung in mir, die mir ziemlich deutlich sagt, dass ich in meinem stillen Kämmerlein jetzt nichts durchziehen kann, was größere Willensanstrengungen erfordert.
Gemeinsam Fasten in Zeiten von Corona
Also schaue ich mal im Internet was es derzeit für Möglichkeiten des gemeinsamen Fastens gibt. Zwei Fastenaktionen springen mir ins Auge. Die Fastenaktion des Verlags Andere Zeiten „7 Wochen anders leben“ (weil ich da in früheren Jahren schon teilgenommen habe) und die Fastenaktion der evangelischen Kirche Deutschland, die dieses Jahr unter dem Motto steht „7 Wochen ohne Blockaden“. Das erscheint mir fast wie ein Witz! Noch haben Restaurants und Kulturbetriebe zu, es gilt nach wie vor eine Ausgangssperre und diese Aktion tritt mit dem Anspruch an, mehr Spielraum zu verschaffen?! Aber ist es nicht genau das, was ich gerne hätte? Außerdem gibt es die Möglichkeit, mit Gleichgesinnten zu reisen, d.h. einer digitalen Fastengruppe beizutreten und mich zumindest digital auszutauschen.
Mein Fastenvorhaben 2021
Ein Tag vor dem Beginn der Fastenzeit habe ich es geschafft, der Fastengruppe beizutreten und mir den Kalender zu besorgen. Just-in-time. Und das ganz ohne große Vorplanung. Das lässt mich glauben, dass dieser vage Plan unter einem guten Stern steht.
In der Fastengruppe gab es eine Umfrage, was die Teilnehmer – außer Blockaden – noch fasten wollen: Negative Gedanken/Kommentare stand an Platz eins, dicht gefolgt von Süssigkeiten und 40 Gegenstände aussortieren – das Aussortieren könnte es werden. Vielleicht denke ich aber auch erst noch einmal tiefer darüber nach, was mich blockiert und wo ich mir mehr Spielraum wünsche. Vielleicht muss ich es jetzt auch gar nicht so genau wissen, sondern verspreche mir, jeden Tag den Fastenkalender zu lesen und meine Gedanken dazu zu notieren. Ich werde eine Nacht darüber schlafen und darauf vertrauen, dass sich das richtige Gefühl über Nacht einstellen wird. Dann werde ich morgen – pünktlich zu Beginn der Fastenzeit – mein Fastenvorhaben kundtun. Denn das weiß ich aus Erfahrung: wenn ich es mit anderen Menschen teile, wirkt das Wunder auf meine Selbstmotivation.
Sehr schöne Gedanken. Schon das Aufschreiben hilft bei der Suche nach dem wie und Warum.
Ich freue mich auf die Fastenzeit. Auch auf den Dialog.
#7Wochenohne
Ja, genau! Mir hilft aufschreiben immer beim Sortieren. Und im Dialog entsteht dann wieder etwas Neues. Vielen Dank für den Kommentar und herzliche Grüße, Korina