“Gott braucht dich nicht” ist eine autobiographische Gesellschafts- Kirchen- und Religionskritik von Esther Maria Magnis, die 2012 im Rowohlt Verlag erschienen ist.
Das Buch ist in drei Teile gegliedert, in denen besondere Etappen in ihrem Verhältnis zu Gott geschildert werden. Im ersten Teil erfahren wir viel über ihr Verhältnis zum Glauben und zu Gott. Dieses Verhältnis wird massiv erschüttert durch den Tod ihres Vaters, der an einem Krebsleiden stirbt als die Autorin 17 Jahre alt ist. In der Folge wendet sie sich ab von Gott, gleitet in eine Depression und hat Angst vor der Sinnlosigkeit des Lebens. Das erfahren wir im zweiten Teil des Buches. Im dritten Teil geht es um ihre Bekehrung. Sie findet durch Gott wieder in die Welt zurück und erkennt, dass Gott zwar uns nicht braucht, wir aber sehr wohl ihn. Ihr wiedergefundener Glaube wird zwar erneut erschüttert als ihr Bruder ebenfalls an Krebs stirbt. Aber ausgerechnet durch ihren sterbender Bruder, der im Angesicht des Todes zu Gott findet, wird ihr Glaube gestärkt. Durch ihn erfährt sie, wie nah ein Mensch Gott kommen kann.
Wie ging es mir beim Lesen des Buches?
Ich gestehe, dass ich nicht alles in diesem Buch verstanden habe. Manches erschien mir wirr – vermutlich haben mir die Voraussetzungen gefehlt, denn die Autorin setzt einiges an Wissen über Religion, Philosophie und Gesellschaft voraus. Das Buch war definitiv nicht leicht zu lesen. Und wie so oft, so war ich auch hier froh, dass ich mich nicht habe abschrecken lassen, denn am Ende empfand ich die Lektüre als sehr befriedigend.
Esther Maria Magnis benutzt eine sehr kraftvolle Sprache. Das hat mir meistens gut gefallen. Sie kritisiert die Kirche, wirft ihr vor, dass sie sich nicht genug von der Gesellschaft abhebt, weil sie dieselben Themen besetzt (Umweltverschmutzung, Frieden….). Und dort, wo sie einen Unterschied wahrgenommen hat, war es für sie als Jugendliche nicht interessant genug:
Ich hatte genug Freunde. Ich brauchte als Vierzehnjährige nicht noch einen Unsichtbaren und schon gar keinen orientalischen Pazifisten mit Schlappen und Vollbart, der sich für mich, wie ich dachte, eh nicht sonderlich interessiert hätte, weil ich weder Nutte noch Zöllner war, außerdem hatten wir einen Mercedes, der nicht durchs Nadelöhr gepasst hätte.
Berührt hat mich ihr Weg hin zum Glauben. Wie sie nach dem Tod ihres Vaters erfahren hat, wie es ist, wenn wir uns selbst abhanden kommen. Wenn wir nicht an eine absolute Wirklichkeit oder Wahrheit glauben können (ja, glauben, denn Beweise gibt es nicht). Sie braucht Gott, weil es ihr “Ich” ohne ihn nicht gibt.
Man muss an Gott glauben, weil wir die Wahrheit nicht kennen, weil wir nicht wissen, warum wir hier sind
Wie sie auch hier wieder schonungslos offen den Finger auf die Wunde legt. Gottes Botschaft ist nicht immer schön. Er scheint oft abwesend und “er liebt uns in einer Radikalität, vor der man sich fürchten kann” An dieser Aussage habe ich länger herumgekaut. Vielleicht ist sie so gemeint, dass Gott machen von uns den Leidensweg zumutet, weil er weiß, dass wir stärker sind als wir es selbst für möglich halten und Entwicklung ohne Leiden nicht möglich ist?
Wem ich dieses Buch empfehlen würde?
Jedem, der auf der Suche ist nach Antworten auf wesentliche Fragen und der sich nicht einschüchtern lässt durch komplexe Schilderungen. Alle, die das Gefühl kennen, dass Glauben mehr bedeuten sollte als sonntags in die Kirche zu gehen. Menschen, deren Glauben durch Schicksalsschläge oder Phasen großer Belastung auf die Probe gestellt wird.
Es ist ganz gewiss ein Buch, das durch eine gemeinsame Lektüre gewinnt, weil durch den Austausch darüber sich neue Ebenen auftun.
Und wem nicht?
Wer gar keinen Zugang zum Glauben hat, der wird ihn vermutlich durch dieses Buch auch nicht finden.