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Wie mich drei Sinnkrisen auf meinen Weg zur Sinnexpertin geführt haben

In meinem letzten Beitrag habe ich über Sinnkrisen geschrieben – es war ein Expertenartikel, mit dem ich mein Wissen zu diesem Thema teilen wollte. Daraufhin gab es Rückfragen zu meinen persönlichen Erfahrungen. Deshalb schreibe ich in diesem Beitrag über meine eigenen Sinnkrisen: Welche Krisen ich erlebt habe, wie ich sie bewältigt habe und wie ich durch sie zur Sinnexpertin wurde.

Sinnkrisen sind unabhängig vom Alter

Die erste Sinnkrise mit 16

Meine allererste Mini-Sinnkrise hatte ich mit ungefähr 16. Es war in der 10. Klasse der Realschule, der Englischlehrer hatte von einem ehemaligen Schüler erzählt, der meinen Familiennamen trug und mit 18 gestorben war. Keine Ahnung warum, aber ich war urplötzlich in dem Film, dass ich nicht nur den Namen, sondern auch sein Schicksal teilen würde. Und diese Vorstellung war sehr beunruhigend. Ich war so aufgewühlt, dass sogar der Lehrer es bemerkte und verunsichert fragte, ob bei mir alles in Ordnung sei. „Selbstverständlich“ hätte ich damals niemals öffentlich zugegeben, dass ganz und gar nichts in Ordnung war.

Ich war ein verunsicherter Teenager, der nicht nur mit Pickel, sondern auch massiv mit der Vorstellung der Endlichkeit des Lebens konfrontiert war. Die Vorstellung hat mich einige Monate begleitet und irgendwann bin ich dann – relativ unbemerkt – rausgewachsen. Irgendwann nach meinem 18. Geburtstag fiel mir diese Episode wieder ein. Inzwischen liegt das über 40 Jahre zurück. Vielleicht war es der Schock darüber, dass das Leben von heute auf morgen vorbei sein kann und vielleicht sogar bevor es überhaupt richtig angefangen hat. Immerhin habe ich mir aus dieser Zeit eine gewisse Ehrfurcht vor der Zerbrechlichkeit des Lebens bewahrt.

Die zweite Sinnkrise: eine Quarter-Life-Crisis

Meine zweite Sinnkrise traf mich im Alter von 27. Beruflich war ich bereits seit einigen Jahren gut im Sattel. Ich verdiente gutes Geld, hatte nette Kollegen, aber eine schwierige Chefin. Ich war ehrgeizig und wollte meinen Job gut machen – aber irgendwie konnte ich es dieser Chefin nicht recht machen. Und es ärgerte mich auch, dass die studierten Kollegen scheinbar alle Freiheiten hatten und neue Ideen einbringen konnten, ich als Sachbearbeiterin jedoch nicht. Intuitiv hatte ich aus dieser Situation den richtigen Ausweg gewählt: Ich fing an, auf dem zweiten Bildungsweg mein Abitur nachzuholen. Diese Fokusverschiebung gab mir Selbstvertrauen zurück und aus heutiger Sicht kann ich sagen, dass persönliche Weiterentwicklung und Lernen mir schon damals Sinn im Leben verschafft haben.

Die Quarter-Life-Crisis setzte ein als ich die Abiturprüfung gemacht habe. Aus heutiger Sicht würde ich sagen, dass mir klar wurde, dass eine Entscheidung fällig war. Ich hatte das Abitur in der Tasche, aber wie sollte es weitergehen. Beruflich steckte ich in einer Sackgasse, aber ein Studium erschien mir zunächst noch zu verwegen. In meiner Familie hatte bis dahin noch niemand studiert und wer sollte das bezahlen?

Heute kennt man die Krise der unter 30-Jährigen als Quarter-Life-Krise. Damals gab es den Begriff noch nicht. Laut einer LinkedIn Umfrage gaben etwa 2/3 der befragten Arbeitnehmer an, dass sie bereits vor ihrem 30. Geburtstag Symptome einer Quarter-Life-Crisis hatten. Ich habe damals viele Gespräche geführt, um herauszufinden, was ich wirklich will. Sobald ich mich zum Studium durchgerungen hatte, war die Krise dann auch vorbei. Denn da gab es so viel zu organisieren und zu lernen, dass ich gar keine Zeit mehr hatte für die Selbstbeobachtung. Stattdessen hatte ich wieder ein Ziel im Leben und etwas, das mir Halt gab.

Die dritte Sinnkrise: eine Midlife-Crisis

Diese bekannteste aller Krisen hatte ich lange Zeit gar nicht als Krise wahrgenommen. Was ich – und mein Umfeld – allerdings schon bemerkten, war eine latente Unzufriedenheit. Ich war gereizt, Kleinigkeiten konnten mich auf die Palme treiben, es war schwer, es mir recht zu machen. Ich dachte, es läge an der Belastung durch Arbeit, Kinder und alternde Eltern. Heute würde ich sagen, dass es der Übergang war, der mir zu schaffen machte. Sinnforscherin Tatjana Schnell schrieb in einem Beitrag in der Zeit, dass es verschiedene Auslöser für Krisen gibt.

Ein möglicher Auslöser kann eine Übergangsphase sein. Davon hatte ich in den letzten Jahren einige: Die Kinder wurden flügge, die Eltern und Schwiegereltern starben und ich habe mich für ein Vorruhestandsprogramm entschieden. Am allerwenigsten kapiert hatte ich, dass das selbständig Werden der Kinder, das ich mir oft gewünscht hatte, als sie noch klein waren, ein Sinnvakuum erzeugt hat. Viele Monate lang habe ich familiäre Aktivitäten angezettelt und nicht verstanden, dass für das jüngste Kind andere Regeln gelten als für das älteste. Als der älteste 12 war, waren die anderen beiden Kinder 10 und 7. Als die jüngste 12 war, waren ihre Brüder schon 17 und 15 – kein Alter, in dem man noch gerne mit Mama und Papa Minigolf spielen geht. Und so hüpfte die Jüngste schneller aus dem Nest als ihre älteren Geschwister.

Der Ausweg aus der Krise war das Füllen des Sinnvakuums durch ein neues Ehrenamt. Ich habe in der Kirchengemeinde das Projekt Luther-Treff ins Leben gerufen. Einmal im Monat gibt es ein kostenloses gemeinsames Mittagessen und einmal im Monat ein gemeinsames Abendpicknick. Durch dieses Projekt habe ich wieder neuen Sinn gefunden, mein Leben ist wieder in Balance und läuft seither für alle Beteiligten deutlich zufriedener. Meine wichtigste Erkenntnis: Es gibt verschiedene Sinnbereiche im Leben, d.h. es gibt nicht nur den großen Sinn des Lebens, sondern verschiedene Bereiche, durch die wir unser Leben als sinnvoll erfahren können. Der Sinn im Leben ist kontextabhängig, kann sich über die Zeit verändern und es ist jederzeit möglich, wieder einen neuen Sinn zu finden.

Die Auswege aus der Krise

In der Krise zu sein, fühlt sich nicht gut an. Zumal es immer eine Weile dauert, bis ich mir selbst auf die Schliche komme und überhaupt verstehe, dass ich in einer Krise bin. Ich merke natürlich sofort, dass etwas nicht rund läuft und dass das Leben sich schwer anfühlt. Oft fühlt es sich an wie eine handfeste depressive Verstimmung. Sobald ich wahrnehme, dass es eine Krise ist, wird es leichter. Denn Krisen haben ein Anfang und ein Ende.
Inzwischen weiß ich zwar, dass ich anfällig für solche Krisen bin, aber es gibt kein Allheilmittel, das mich da auf die Schnelle wieder rausholt. Ich bin inzwischen davon überzeugt, dass ich diese Krisen durchleiden muss in ihrer ganzen Tiefe. Am Ende weiß ich, dass ich wie Phönix aus der Asche auferstehe. Aber es hilft überhaupt nichts, mich dagegen aufzulehnen.

Heute kann ich erkennen, dass darin auch ein Schatz für mich liegt. Ich sitze ja nicht monatelang herum und warte auf das Ende der Krise wie auf einen Bus, der irgendwann kommt. Ich setze mich mit den dahinterliegenden Fragen auseinander: Ist das, was ich tue, noch das Richtige? Wie will ich leben? Was kann ich zum Leben beitragen? Indem ich mich den Fragen nach dem Sinn stelle, werde ich wesentlicher. Sinnfragen brauchen Zeit und Raum – und oft ist es eine Herausforderung, sich beides zu nehmen. Aber wo ein Wille ist, da können sich Wege auftun. Vereinfacht gesagt war für mich immer ein guter Weg, das anzuerkennen, was gerade ist und mich nicht allzu sehr dagegen zu wehren. Ich weiß heute, dass alles im Leben vergänglich ist – auch die krisenhaften Erfahrungen. Bisher bin ich aus jeder Krise wieder herausgewachsen. Das ist eine sehr tröstliche und beruhigende Vorstellung.

Der Schatz in der Krise

Mit diesen reichhaltigen Krisenerfahrungen ist es nicht weiter verwunderlich, dass ich mich schon ziemlich lange mit dem Thema Lebenssinn beschäftige. Ein erstes Geschenk war, dass ich während meiner Coaching-Ausbildung meinem eigenen großen Sinn des Lebens auf die Spur gekommen bin. Wir beschäftigten uns mit dem Genius-Ansatz, das Auffinden des Lebensleitmotivs. Nach mehreren Anläufen habe ich meinen Genius tatsächlich gefunden: Fruchtbaren Boden bereiten. Auf dieses Leitmotiv kann ich alles, was ich gerne tue und was mir wichtig ist, zurückführen.

Derzeit experimentiere ich in Präsenzcoachings mit dem Wesenskernspiel von Christine Jung – mir gefällt die spielerische Herangehensweise und ich kann mir vorstellen, dass ich es mit Genius-Anteilen weiterentwickle. Auf jeden Fall haben mir meine verschiedenen Krisen gezeigt, dass für mich und meine Arbeit das Thema Sinn von zentraler Bedeutung ist. Ich denke, dass Sinn der fruchtbare Boden ist, auf dem Veränderung gedeihen kann. Mit dieser Sichtweise kann ich meine Klientinnen auf ihrem Weg sehr individuell begleiten und sie dabei unterstützen ihr Leben sinnvoll zu gestalten.


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