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Was ist Berufung und wofür brauchst du sie?

Mein Leib-und-Magen-Thema ist Berufung und Neuorientierung ab der Lebensmitte. Irgendwie können sich die meisten etwas darunter vorstellen. Vermutlich aber jeder etwas anderes. Und deshalb schreibe ich in diesem Beitrag über Berufung: Was ist Berufung, welche Vorteile hat es, sich damit zu beschäftigen und warum man sich auf keinen Fall durch die Suche nach der Berufung unter Druck setzen soll.

Was ist Berufung eigentlich?

Der Begriff spielt in unterschiedlichen Lebenswelten eine Rolle. In der Wissenschaft, Politik oder Kunst bezeichnet es das Angebot, ein bestimmtes Amt anzunehmen. Bei Gericht versteht man darunter, die erneute Verhandlung in einer höheren Instanz, wenn gegen ein Urteil Einspruch erhoben wurde. Um diese Fälle geht es hier nicht.

BeRUFung meint hier eine innere Notwendigkeit, die jemand spürt und die ihn dazu bringt, eine bestimmte Arbeit oder Aufgabe auszuüben. Es steckt das Wort Ruf darin, d.h. alle, die hören können, müssten ihre Berufung eigentlich ganz leicht finden können. Aber so einfach finde ich es beileibe nicht. Eine Anfrage bei Ubersuggest zeigt, dass es über 700 Google-Suchanfragen pro Monat zum Thema Berufung gibt. Es gibt also noch andere, die das Thema Berufung beschäftigt.

Beruf und Berufung

Sprachlich zumindest liegen die Worte Beruf und Berufung sehr eng zusammen. Der Beruf dient in aller Regel dazu, dass wir damit unseren Lebensunterhalt verdienen. Bei der Berufung geht es nicht ums Geldverdienen, sondern um den Inhalt der Arbeit oder Tätigkeit. Die Berufung erfüllt den inneren Antrieb und sorgt damit dafür, dass wir erfüllt und zufrieden sind. 

Beruf und Berufung können zusammenfallen, wenn die äußere Notwendigkeit des Geldverdienens mit dem inneren Antrieb zusammenfällt. Soweit ich das beurteilen kann, ist das eher die Ausnahme. 

Bei vielen Menschen, die ich kenne, hängen Beruf oder Karriere nicht mit der Berufung zusammen. Berufungen können nämlich in sehr unterschiedlichen Lebensbereichen verwirklicht werden, zum Beispiel auch in einem Hobby oder Ehrenamt, das nebenberuflich ausgeübt wird.

Welche Vorteile hat es, seine Berufung zu kennen?

Die Vorteile liegen auf der Hand. Wenn wir aus einer inneren Notwendigkeit heraus handeln, dann gibt es keine Motivationsprobleme. Wer seine Berufung kennt, kann seinen Beruf und seine Karriere danach ausrichten und wird damit erfolgreich sein, denn er ist unabhängig von äußeren Anreizen, sondern überwindet auftauchende Hindernisse aus einem inneren Antrieb heraus. 

Vielleicht fallen damit auch bestimmte Entscheidungen oder die Priorisierung von Aufgaben leichter. Es erscheint mir auch möglich, dass es leichter fällt, “Nein” zu sagen, wenn man seine Berufung kennt. Also in dem Sinne, dass es leichter ist, das Nein mit dem Verweis auf das Herzensanliegen zu begründen. Ganz gewiss hilft es, sich zu fokussieren.

Wer sich auf die Suche nach seiner Berufung macht, erfährt viel über sich und das, was wichtig ist und wofür es sich lohnt zu leben. Die Antwort auf diese Fragen bringen Klarheit und Zufriedenheit und sehr wahrscheinlich folgt daraus auch ein Gefühl von Glück.

Ein Tipp: Bei “großen” Fragen hilft es mir immer, vom Ende her zu denken. Dafür stelle ich mir die Frage, wie sich mein Leben verändern würde, wenn ich die Antwort auf die Frage kennen würde. Inwiefern würde mir die Antwort helfen? Was würde ich anders machen oder denken? Welche Schwierigkeiten hätte ich dann nicht mehr?   

Woraus entspringt das Bedürfnis, seine Berufung zu kennen?

Eine spannende Frage, denn nicht alle Menschen fühlen die Notwendigkeit, ihre Berufung zu suchen. Ein Teil der Antwort ergibt sich vermutlich aus den oben erwähnten Vorteilen. Außerdem glaube ich, dass es individuell unterschiedlich ist, wie sehr sich ein Mensch von dieser Frage angesprochen fühlt. Menschen, für die es wichtig ist, in ihrem Leben Sinn zu finden und diesen Sinn noch nicht gefunden haben, werden sich eher angesprochen fühlen als Menschen, denen es genügt, Spaß am Leben zu haben.  

Seit ich im Vorruhestand bin, treibt mich die Frage nach der Berufung noch einmal anders an und um. Wofür will ich meine kostbare (und täglich knapper werdende) Lebenszeit einsetzen? Meine Berufung zu kennen und sie mit meinen Zielen in Beziehung zu setzen, hilft mir enorm: Ich möchte wertvolle Ziele haben, ich möchte etwas Gutes in der Welt bewirken, und ich möchte durch mein Tun mein positives Selbstwertgefühl stärken. Das sind alles Dinge, die mir persönlich wichtig sind – das Beispiel soll zeigen, wie sehr die Suche nach der Berufung mit den eigenen Werten zusammenhängt.

Der Weg zu meiner eigenen Berufung

Wie ich meine Berufung gefunden habe

Mich hat das Thema Berufung – oder vielmehr die Suche danach – über eine lange Zeit ziemlich beschäftigt und zeitweilig auch belastet. So sehr ich sie auch suchte, ich konnte sie einfach nicht finden. Letztlich habe ich das, was ich gesucht habe, durch Genius-Arbeit gefunden. Kennengelernt habe ich diese Arbeit während meiner Coaching-Ausbildung. Bei der Genius-Arbeit geht es darum herauszufinden, welche einzigartigen Fähigkeiten, Interessen und Talente mich zu dem besonderen Menschen machen, der ich bin. Der Genius ist das einzigartige Geschenk an mich und die Welt gleichermaßen. Das Ergebnis der Genius-Arbeit besteht in einem Satz, der den individuellen Genius verdichtet. Mein Satz lautet „Fruchtbaren Boden bereiten“ und ich kann darauf alles zurückführen, was ich mit Herzblut mache. Es ist mein roter (Lebens-)Faden. Es macht mich glücklich, dass ich ihn gefunden habe. 

Was durch meine Berufung in die Welt kommt

Meine Berufung (eigentlich: mein Genius) ist wie ein roter Faden, der sich durch mein ganzes Leben zieht. Es ist nicht eine bestimmte Aufgabe oder Vorliebe. Ich engagiere mich z.B. ehrenamtlich beim Luther-Treff, ein gemeinsames Mittagessen in meiner Gemeinde. Diese Möglichkeit zum gemeinsamen Essen ist ein fruchtbarer Boden, denn es treffen sich dort Menschen, die sich sonst vielleicht nicht treffen würden. Beim Zusammentreffen werden Informationen ausgetauscht und es entstehen neue Ideen. Meine Netzwerktreffen sehe ich ebenfalls als fruchtbaren Boden an: sie ermöglichen neue Impulse, motivieren und für manch eine Teilnehmerin bereiten sie den Boden für eine persönliche Weiterentwicklung. Ich könnte meinen Genius auch durch andere Aufgaben ausdrücken. Der Vorteil daran ist, dass ich bei allen neuen Ideen und Aufgaben prüfen kann, ob es mir dabei hilft, meinen Genius auszudrücken. Das vereinfacht vieles.

Gedanken über die Suche nach der Berufung

Berufung ist eine gedankliche Konstruktion

Berufung ist nicht immer klar und eindeutig – und häufig ist sie nicht leicht zu finden. Wenn ich lese “Mit diesen 7 Fragen findest du deine Berufung”, dann regt mich das auf. Es erweckt falsche Hoffnungen. Denn die Suche nach der Berufung ist oft langwierig – diejenigen, die ihren inneren Ruf hören, die brauchen sich ja nicht auf eine langwierige Suche zu begeben. Die wissen vielleicht schon im Kindergarten, dass sie später einmal Arzt werden wollen. Auch meine Genius-Suche hat länger gedauert. Es gab Irrwege – und einige, die mit mir in der Ausbildung waren, haben ihren Genius nicht gefunden. 

Manchmal schenkt uns das Leben unfreiwillig unsere Berufung. Sei es, weil ein Kind schwer krank zur Welt kommt, ein Nahestehender über lange Zeit Hilfe benötigt oder irgend ein anderer Schicksalsschlag. Jeder Schicksalsschlag trägt in sich das Potenzial, dass ein Mensch durch ihn über sich hinauswächst.

Nicht jeder Mensch spürt in sich das Bedürfnis, nach seiner Berufung zu suchen. Für diejenigen, die sich auf die Suche begeben, ist es nach meiner Erfahrung so: Wer weder einen inneren Ruf hört noch durch äußere Umstände dazu gezwungen wird, sich damit auseinanderzusetzen, für den ist es meist ein längerer Prozess.

Die Berufung kann sich im Laufe des Lebens verändern

Wenn man sich von der Vorstellung des inneren Rufs löst und darauf schaut, womit man seine Lebenszeit verbringt, wird man feststellen, dass sich die Themen im Laufe des Lebens verändern. Zwischen 30 und 45 war meine wichtigste Aufgabe, meinen Kindern einen guten Start ins Leben zu geben. Heute begleite ich Frauen ab der Lebensmitte und helfe ihnen, neue Perspektiven für ein erfülltes Leben zu finden. Ob jeder Mensch eine Berufung hat, ist nicht bewiesen. Es ist eine Konstruktion, die für manche Menschen hilfreich ist, ein zufriedenes, erfülltes, glückliches Leben zu führen. 

Ganz wichtig scheint mir, sich durch die Suche nach der Berufung nicht unter Druck zu setzen. Man kann auch ein glückliches Leben führen, ohne seine Berufung zu kennen! 

Ein Plädoyer für einen entspannten Umgang mit der Berufung

Viel wichtiger erscheint mir die Frage, warum ich denn eigentlich meine Berufung kennen will. Berufung war für mich erst einmal ein riesiges Konzept, dem ich kaum gerecht werden konnte und das mich unter Druck gesetzt hat. Vor allem die Vorstellung, dass es die EINE Sache ist, die ich leidenschaftlich bis ans Ende meiner Tage ausübe, hat mich eingeschüchtert.

Letztlich geht es doch darum, 

  • herauszufinden, was man aus sich heraus gerne tun möchte. 
  • Welche Tätigkeit Befriedigung verschafft. 
  • Was wir der Welt geben möchten. 
  • Was für uns das Leben lebenswert macht

Es lohnt sich, diesen Fragen nachzugehen. Wer durch die Frage nach der Berufung getriggert wird, der sollte auf jeden Fall anfangen, sich selbst zu beobachten und zu reflektieren, was Freude macht.

Eine schöne Struktur für diese Fragen bietet das japanische Ikigai-Modell. Die nachfolgende Grafik stammt aus meinem Blogbeitrag Wie du IKIGAI bei einer beruflichen Neuorientierung nutzen kannst. Das Berufungs-Segment ist in dieser Visualisierung die Schnittmenge aus Bezahlung, Notwendigkeit, Vorlieben und Stärken. Wenn du das Modell nicht beruflich verwenden möchtest, dann lässt du einfach den Kreis „Wofür du bezahlt werden kannst“ weg.

Und noch eine gute Nachricht zum Schluss: Wenn wir möglichst oft der Spur der Freude folgen, dann können wir im Rückblick den roten Faden in unserem Lebensteppich erkennen. Wir müssen also die Antwort auf die Frage nach der Berufung nicht unbedingt kennen und können doch so etwas wie einen roten Faden im Leben haben.
Ganz nebenbei bemerkt lassen sich solche Fragestellungen auch sehr gut in einem Coachingprozess bearbeiten. Ich selbst arbeite mit dem oben genannten Genius-Konzept oder dem IKIGAI-Modell und in Präsenz-Coachings nutze ich das Wesenskern-Spiel von Christine Jung. 

Mein Fazit zum Thema Berufung

Berufung wirft viele Fragen auf und passt gut zur Strömung der Selbstoptimierung in unserer heutigen Zeit. Es ist kein Naturgesetz, dass jeder Mensch eine Berufung hat oder braucht. Es ist es sehr wohl möglich, ein glückliches Leben zu führen, ohne seine Berufung zu kennen. Für manche Menschen ist es sogar ein einschüchterndes Konzept, das mehr Druck erzeugt als es hilft.

Menschen, die sich durch das Konzept angesprochen fühlen, können es sehr gut nutzen, um Antworten auf wesentliche Fragen zu finden. Auf den Kern reduziert geht es bei der Frage darum, das eigene Leben bewusst zu leben und damit seine Begabungen, Stärken, Werte und Wünsche in die Welt zu bringen.


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