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Wie ich die Intuition im Coachingprozess nutze

In der ZEIT No 29 war ein sehr interessanter Beitrag über das Thema Intuition von Alard von Kittlitz „Wie klug ist unser Bauch? Dieser Beitrag hat mich dazu angeregt, den vorliegenden Blogbeitrag zu schreiben. Weil ich auf die Frage nach meinem Coachingstil immer antworte, dass ich sehr intuitiv arbeite. Aber was heißt das eigentlich? Dass ich nicht sagen kann, wie ich coache, weil ich alles „aus dem Bauch heraus“ tue? Ganz so ist es nun doch nicht. Nachfolgend eine Annäherung an die Antwort auf diese Frage.

Team Kopf oder Team Bauch?

Manche Menschen treffen ihre Entscheidungen eher rational im Kopf, andere eher aus dem Bauch heraus. Erfolgreich können beide sein, wie die Beispiele Steve Jobs (Bauch) oder Bill Gates (Kopf) zeigen. Interessanterweise scheint es ein stabiler Wesenszug zu sein, wie wir Entscheidungen treffen. Und das wiederum könnte daran liegen, dass jeder Entscheidungsstil eine andere „Hardware-Ausstattung“ benötigt. So vermutet zumindest der Bremer Hirnforscher Gerhard Roth. Er nimmt an, dass rationale Entscheidungen eine bestimmte Kapazität des Arbeitsgedächtnisses benötigen. Diese Kapazität ist individuell unterschiedlich und nur begrenzt trainierbar. Wer also mit einem leistungsfähigeren Arbeitsgedächtnis auf die Welt kommt, dem fallen rationale Entscheidungen leichter. Wenn diese Theorie stimmt, dann ist mein Arbeitsspeicher nicht so leistungsfähig, denn ich habe schon immer ins Team „Bauch“ gehört. Und deshalb ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass auch mein Coachingstil intuitiv ist.

Intuition = Wissen ohne zu Denken ?

Der Psychologe und Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahnemann hat in seinem Bestseller Schnelles Denken, langsames Denken dargelegt, dass Inuition ein sehr schnell ablaufender Wiedererkennungsprozess ist. Judit Polgár, eine der besten Schachspielerinnen der Welt, stimmt dieser Idee zu. Durch das Simulieren und Nachspielen tausender Schachpartien hat sie sich eine breite Grundlage für diese Vergleiche angelegt. Im Spiel selbst macht sich für sie die Intuition dann durch eine Art Gefühl bemerkbar. Sie sieht die Konstellation der Figuren und weiß scheinbar aus dem Nichts wie der nächste Zug aussehen soll. Sie beschreibt es so: „Es geht um ein tieferes Versehen, das explizit zu machen sehr schwer ist.“
Genau so geht es mir im Coaching. Jede Sitzung ist einzigartig und es ist vorher nicht absehbar, wie sie verlaufen wird. Durch meine Ausbildung und unzählige Coachingsitzungen habe ich viel Erfahrung gesammelt. Und diese Erfahrung ist es, die dazu führt, dass ich aus einer Eingebung heraus eine bestimmte Frage oder Methode verwende. Weil es sich irgendwie richtig anfühlt.

Ist die Vernunft der Intution überlegen?

Je rationaler unsere Gesellschaft wird, desto stärker wird die Intuition kritisiert. Sie ist nicht transparent erklärbar. Denn mit dem Verstand ist sie ja gerade nicht zu fassen. Und fehleranfällig. Daniel Kahnemann hat in unzähligen Experimenten nachgewiesen, wie fehleranfällig die Intuition ist. Ein berühmtes Beispiel: einer Personengruppe wird gesagt, dass die Überlebensquote bei einer Operation bei 90% liegt, einer anderen Gruppe wird gesagt, dass die Sterbequote der Operation bei 10% liegt. Mathematisch ist es dasselbe und deshalb müsste laut Kahnemann das Entscheidungsverhalten in beiden Gruppen gleich sein. Das ist aber nicht so. Die Gruppe mit der Sterbequote von 10% entscheidet sich signifikant häufiger gegen die Operation. Gerd Gigerenzer, Psychologe und ehemaliger Direktor des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung hält dem entgegen, dass Kahnemanns Beispiel vernachlässigt, dass es eben einen Unterschied macht, was der Arzt dem Patienten kommuniziert und Menschen die Bedeutung intuitiv erfassen: wenn der Arzt sagt, dass die Sterbequote bei 10% liegt, dann erfasst der Patient intuitiv, dass der Arzt ihm eigentlich eher von der Operation abraten will. Die Zukunft ist immer ungewiss – und das Bauchgefühl ist eine sinnvolle Art, wie wir gute Entscheidungen unter Ungewissheit treffen können. Das Verhältnis von Intuition und Ratio hat übrigens Albert Einstein wie folgt beschrieben:

Der intuitive Geist ist ein heiliges Geschenk, und der rationale Verstand ein treuer Diener. Wir haben eine Gesellschaft erschaffen, die den Diener ehrt und das Geschenk vergessen hat.

Albert Einstein

Wie sieht mein intuitiver Coachingstil aus?

Zurück zu meinem Coachingstil: wie oben erwähnt, weiß ich zu Beginn der Sitzung nicht, welche Fragen oder Methoden ich in der Sitzung einsetzen werde. Das heißt jedoch nicht, dass ich kein Repertoire an Fragen und Methoden hätte! Es heißt vielmehr, dass ich den Klienten sehr aufmerksam beobachte und auch auf meine eigenen Körpersignale sehr genau achte. Daraus ergibt sich dann die Frage/Methode, die mir am hilfreichsten erscheint. Das ist ein bisschen wie „Probe-Bohren“. Ich biete dem Klienten eine Frage an und beobachte seine Reaktion darauf. Nicht bei jeder Bohrung trifft man direkt die Goldader. Wenn der Klient relativ unbeteiligt antwortet, weiß ich, dass wir den Punkt noch nicht getroffen haben. Dann erkunden wir das Thema weiter unter einem anderen Blickwinkel. Ich lasse dem Klienten viel Raum für seine Ausführungen und versuche die kleinsten Regungen zu erfassen. Mein Körper gibt mir Rückmeldung, wann das Thema im Raum ist – entweder als leichtes Ziehen im Rücken oder als Gänsehaut. Das funktioniert interessanterweise auch im Online-Coaching.

Jeder professionelle Coach weiß, dass eine Gefahr darin liegt, vorschnell Hypothesen zu bilden. Aus Sicht des Hammers sieht jedes Problem wie ein Nagel aus. Davor schützt die genaue Beobachtung und Rückmeldung durch den Klienten. Sollte ich nicht weiterwissen – auch das kommt vor – dann sage ich das dem Klienten und teile meine Überlegungen mit ihm. Daraus ergeben sich dann oft spannende neue Ansätze.

Fazit

Intuitives Coaching ist nicht gleichbedeutend mit Beliebigkeit. Wenn es eine eindeutige 1:1 Beziehung zwischen Frage/Methode und Problem gäbe, dann wären Coaches bald arbeitslos, weil dann Coachingbots oder Algorithmen das Geschäft sehr bald übernehmen könnten. Ich sehe die Beziehung zwischen Coach und Klient wie ein Tanz, in dem ich sehr genau auf die Signale des Klienten und meine eigenen Reaktionen achte.  Meine Führung ist sanft aber eindeutig – welchen Tanz wir tanzen offenbart mir die Intuition.


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