Ich werde immer wieder gefragt, wie ich meine vielfältigen Aufgaben und Interessen unter einen Hut bekomme. Für mich funktioniert persönliches KANBAN für die Selbstorganisation sehr gut. In diesem Blog erkläre ich, was KANBAN ist und gehe insbesondere auf das Thema persönliches KANBAN ein.
Wie ist KANBAN entstanden?
KANBAN wurde 1947 von Taiichi Ohno zur Optimierung der Produktion bei Toyota in Japan entwickelt. David Anderson hat dieses Konzept 2007 auf die IT-Branche und für die Arbeit in Projektteams angepasst. 2011 haben Jim Benson und Tonianne DeMaria Barry in ihrem Buch Personal Kanban den Ansatz auf Einzelpersonen übertragen.
Wann ist persönliches KANBAN hilfreich?
Wenn dir die nachfolgenden Schilderungen bekannt vorkommen, dann könnte persönliches KANBAN hilfreich für dich sein:
- Es fällt dir schwer, Struktur in deinen Alltag zu bringen
- Du hast 1000 Dinge zu tun und lebst ständig in der Angst, etwas Wichtiges zu vergessen
- Du schiebst unangenehme Aufgaben auf – leider sind das oft diejenigen, die dich weiterbringen würden
- Du fühlst dich unorganisiert, lässt dich leicht ablenken
- Du bist frustriert darüber, dass du zwar dauernd beschäftigt bist, aber deinen Zielen nicht wirklich näher kommst.
- Es fällt dir schwer, Nein zu sagen
Wie funktioniert persönliches KANBAN?
Bei der Arbeit in Teams gibt es immer die Herausforderung, wie die einzelnen Arbeitsschritte geplant werden sollen: dezentral oder zentrale Vorgaben. KANBAN ist eine Methode, die dezentral funktioniert und deshalb auch für Einzelpersonen einsetzbar ist. .
Eine allgemeine Anmerkung zu Methoden: Menschen sind unterschiedlich und deshalb funktionieren Methoden in den seltensten Fällen für alle Menschen gleich gut. Es kommt darauf an, was die Ursache für das Problem ist, das man lösen möchten. Wenn man sich verzettelt, weil man alle möglichen Dinge anfängt und nicht zu Ende bringt, kann KANBAN ein echter Gamechanger sein. Das passt also für Einzelpersonen hervorragend. In aller Regel können sie ihre Arbeitsschritte selbst planen und steuern.
Zentrale KANBAN-Prinzipien
Die KANBAN-Methode beinhaltet zwei zentrale Prinzipien:
- Visualisierung der Aufgaben und
- Begrenzung der Aufgaben, die gleichzeitig bearbeitet werden
Die Begrenzung der Aufgaben – und damit des Multi-Taskings – geschieht dadurch, dass man vorher festlegt, wie viele Aufgaben maximal gleichzeitig in Bearbeitung sein dürfen. Sobald diese Anzahl erreicht ist, muss erst eine bestehende Aufgabe abgeschlossen werden, bevor eine neue Aufgabe angefangen wird. Allein dieses einfache Prinzip führt bereits zu mehr Fokus und einer besseren Strukturierung der Arbeit.
Gleichzeitig wird die persönliche Effizienz erhöht, denn jedes Mal, wenn wir eine Aufgabe unterbrechen und später wieder aufnehmen, geht Zeit verloren, die wir dafür benötigen, uns wieder in die Thematik einzudenken.
Wie setze ich die KANBAN-Prinzipien um?
Zunächst einmal die allgemeine Erklärung. Jede Aufgabe bzw. die notwendigen Arbeitsschritte werden auf Karten (auf japanisch heißen diese Karten Kanban) und hängt sie an Stellwänden auf: Jede Stellwand (KANBAN-Board) enthält mindestens 3 Spalten: Offen – Bearbeitung – Erledigt. Jeder Arbeitsschritt läuft also im Laufe der Zeit von links nach rechts über das Board.
Pro Karte jeweils eine Aufgabe/Arbeitsschritt mit vergleichbarem Zeitbedarf
Natürlich spielt es eine Rolle, wie groß die Arbeitsschritte sind, die auf dem KANBAN-Board landen. Im Beispiel stehen sowohl Einkaufen als auch Homepage auf der Liste. Möglicherweise braucht man für einkaufen eine Stunde und für die Homepage zehn. Es empfiehlt sich, große Aufgaben in kleinere Teilschritte herunterzubrechen, damit eine realistische Chance besteht, den Arbeitsschritt wirklich zu erledigen, bevor die nächste Aufgabe bearbeitet wird. Für das Thema Homepage könnte es beispielsweise sinnvoller sein, es in Homepage/Angebotsseite erstellen und Homepage/Über-Mich-Seite überarbeiten zu unterteilen.
Mögliche Ausgestaltungen des KANBAN-Boards für persönliches KANBAN
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, je nachdem, ob man eine flexible Lösung benötigt, auf die man von überall aus zugreifen kann, oder sowieso immer am selben Ort damit arbeitet.
Prinzipiell gibt es zwei flexible Lösungen: Software oder Notizbuch. Software kann man als App auf dem Smartphone überall dabei haben und ein Notizbuch in der Tasche. Ich selbst habe persönliches KANBAN mit Trello implementiert. Im Internet habe ich dieses Notizbuch gefunden, das perfekt auf die Methode abgestimmt ist.
Meine erste stationäre KANBAN-Umsetzung habe ich mit Post-It-Zetteln auf meinem Wandschrank im Büro umgesetzt. Das war zu Corona-Zeiten, in denen es keine Notwendigkeit für eine flexible Löstung für mich gab.
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Die positiven Auswirkungen von persönlichem KANBAN
Es gibt viele positive Auswirkungen – ich nenne hier nur die (aus meiner Sicht) vier wichtigsten:
- Mehr Motivation: Dein KANBAN Board zeigt dir auf einen Blick, den Status deiner unterschiedlichen Aufgaben. Du siehst z.B. auch, was du bereits erledigt hast und verstärkst dadurch das Gefühl der Selbstwirksamkeit. Jeder Zettel bzw. jede Aufgabe, die in die Erledigt Spalte verschoben wird, verstärkt dieses Gefühl.
- Mehr Fokus: weil es eine überschaubare Anzahl von Aufgaben ist, kannst du dich besser auf eine Aufgabe konzentrieren und diese tatsächlich zu Ende bringen. Das hilft dir, dich weiter zu fokussieren, weil es weniger lose Enden gibt, die du zusammenhalten musst.
- Bessere Tagesstruktur: Du kannst deinen Tag leichter in Zeitblöcke unterteilen, in denen du dich bestimmten Arten von Aufgaben widmest (z.B. die schwierigen Brocken morgens von 8-11, joggen nachmittags …).
- Nein-Sagen: Du lernst mit der Zeit, Aufgaben abzulehnen, weil du Klarheit darüber hast, was du bereits in Bearbeitung hast und was du schaffen kannst (und was nicht).
Eine Einschränkung
Die meisten Menschen, die ich kenne, könnten persönliches KANBAN nutzen. Relativ wenige tun es. Sie scheuen den Aufwand – die Methode funktioniert nur, wenn man auch wirklich alle Aufgaben erfasst. Sie funktioniert ebenfalls nicht, wenn man sich nicht an die Prinzipien hält und die Anzahl der Aufgaben, die gleichzeitig bearbeitet werden ignoriert. Aus persönlicher Erfahrung würde ich sagen, dass keinesfalls mehr als 5 Aufgaben gleichzeitig in Bearbeitung sein können. Vermutlich funktioniert persönliches KANBAN auch nicht, wenn der Alltag von zahlreichen unvorhersehbaren Störungen unterbrochen wird.
Vielleicht fühlen sich Menschen auch eingeschränkt durch die Methode. Sie müssen bereits im Beruf strukturiert arbeiten und wünschen sich deshalb Freiraum für den persönlichen Bereich. Ein nachvollziehbarer Wunsch. Es ließe sich natürlich einwenden, dass durch diesen Wunsch die privaten Aufgaben trotzdem nicht weniger werden.
Persönliches KANBAN gegen das Verzetteln?
Die Methode könnte nach meiner Einschätzung gegen das Verzetteln helfen. Ob es hilft oder nicht, liegt an der Ursache für das Verzetteln. Wenn es daran liegt, dass du nicht weißt, wie du dir eine hilfreiche Struktur geben kannst, die dich vor dem Abschweifen schützt, dann hilft es bestimmt.
Wenn du dich nicht konzentrieren kannst, müsstest du daran ansetzen – dann hilft persönliches KANBAN nicht, denn es setzt ja voraus, dass du dich für mindestens eine halbe Stunde auf eine Aufgabe konzentrieren kannst, ohne z.B. dein Handy zu checken.
Es könnte auch tieferliegende Überzeugungen geben, die dich davon abhalten, eine effiziente Struktur für dich umzusetzen. Die Abwehr von Methoden aus dem Business auf das Privatleben könnte dafür ein Beispiel sein.
Ich werde nicht müde zu betonen, dass Methoden hilfreich sein können, aber sie sind die operative Ebene. Bevor wir wissen, wie wir die Dinge erledigen wollen, müssen wir erst einmal für uns geklärt haben, was wir überhaupt wollen. Es nutzt nichts, wenn wir die Dinge zwar richtig tun, also effizient sind. Es ist auch wichtig, dass wir effektiv sind, also die richtigen Dinge tun.
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Ah, schau an! Über Kanban habe ich im Studium gehört (BWL mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik). Spontan hatte ich aber einen ganz anderen Gedanken: Kanban ist die Technik für deine Bucketliste! Oder nicht?
Herzliche Grüße,
Claudia (Scholz) aus The Content Society
Liebe Claudia,
ja, ich kenne die Technik auch aus der Software-Entwicklung. Aber sie ist wunderbar für persönliches geeignet. Und du hast das wunderbar erkannt: man kann sie auch für die Bucketliste nutzen. Aber ich habe derzeit nur wenige Punkte drin, weil die LIste an die 100 Punkte enthält und Durchflussbegrenzung ja der Schlüssel zum Erfolg ist! Neben diesen Punkten ist aber z.B. auch jeder Blog, jedes längere Telefonat, meine Joggingaktivitäten usw. eigene KANBAN-Karten. So kann ich mir am Monatsende in der „Done“-Liste anschauen, was ich alles gewuppt habe. Sehr befriedigend. Und am Morgen erkenne ich schon auf einen Blick, ob es überhaupt zu schaffen ist, was auf meiner LIste steht und ich schiebe manches von vornherein weiter nach hinten oder machs gar nicht. NEIN – Sagen fällt mir dadurch leichter. Sehr bald kommt noch ein Artikel, wie ich es mit meinem Mann einsetze. Da wird es dann viel anschaulicher.
Liebe Grüße – Korina
Danke für deine Gedanken