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Einsichten aus meiner Workation in Andalusien

Vom 23. Februar bis 22. März 2023 war ich auf einer Workation (also Work + Vacation = da arbeiten, wo andere Urlaub machen) in Andalusien. Es war ein relativ spontaner Gedanke, der sich während der Rauhnächte seinen Weg an die Oberfläche bahnte. Ramona, die regelmäßig an meinen Aufbruch-Lebensmitte Netzwerktreffen teilnimmt, wohnt in Andalusien. Warum sie also nicht fragen, ob sie mir bei der Organisation meiner Workation behilflich sein könnte? Sie konnte. In kürzester Zeit hatte ich eine Wohnung, den Flug gebucht und das war’s dann auch schon an Vorbereitung. Ich hatte viel Intuition und wenig Plan – und das war gut so. Was sich in der Zeit so alles entwickelt hat, darüber schreibe ich in diesem Beitrag.

Reaktionen des Umfelds

Weil ich selbst so begeistert war, habe ich vielen Menschen von diesem Plan erzählt. Es gab viel Zuspruch. Zum Beispiel eine Frau, die schon seit Jahren alleine nach Andalusien möchte (… und dann kam Corona). Sie hatte sogar schon die Sprachschule in Granada ausgesucht und ist dennoch bisher nicht gefahren. Ein Freund, den mein Plan daran erinnert hat, dass er schon länger einen Sprachkurs vor Ort machen wollte. Ein anderer Freund, der sich fragt, warum er noch nie nach Paris gefahren ist, obwohl er dort eigentlich einen Brieffreund hat. Fehlender Mut? Die Vorstellung, dass dafür noch sehr viel Zeit bleibt? Nicht wichtig genug? Als systemisch ausgebildete Coachin weiß ich, dass Veränderungen an einer Stelle im System, oft auch Veränderungen an ganz anderen Stellen auslösen können. Die Vorstellung, dass ich durch meine Reise auch andere inspiriert habe, gefällt mir gut.

Neue Umgebung – neue Gewohnheiten

Dan Ariely, Professor für Psychologie und Verhaltensökonomik an der Duke University, empfiehlt, Gewohnheiten besonders dann zu ändern, wenn man in einer neuen Umgebung ist.

Schreibheft mit Stift und Schrift "Neue (Bessere) Gewohnheiten

Das kann ich nur bestätigen. In meiner Workation in Andalusien, habe ich mir Neues angewöhnt, z.B. habe ich regelmäßig Morgenseiten geschrieben. Und weil ich in der Zeit außerdem noch an der Fastenexpedition von Karin Hartmann teilgenommen habe, trinke ich seither keinen Kaffee mehr. Obwohl ich anfangs skeptisch war, ob es eine gute Idee sei, die Fastenexpedition ausgerechnet während der Workation zu machen, durfte ich feststellen, dass die neue Umgebung hilfreich war.
Diese Erfahrung zeigt mir, dass bei Neuanfängen eine Ortsveränderung sehr hilfreich sein kann. Die neue Umgebung wirkt wie Rückenwind – man muss sich nicht extra dafür anstrengen, sondern kann die veränderte Energie einfach für sich nutzen.

Erinnerungen

Die veränderte Umgebung hat auch verschiedenste Erinnerungen an die Oberfläche befördert. Erstaunlich fand ich, dass das alles mühe- und absichtslos geschah.

Die Zimmerpflanzen meiner Kindheit

Die Zimmerpflanzen meiner Kindheit waren allgegenwärtig: Christusdorn, Bogenhanf, und natürlich Zierspargel. Diese Pflanzen finden sich überall in der Landschaft – was mich fasziniert hat. Denn meine erste Begegnung mit diesen Pflanzen war im Blumenfenster meiner Eltern. Stundenlang konnte ich als Kind bei Regenwetter an diesem Fenster sitzen und die Regentropfen beobachten.
Auch heute berühren mich diese Pflanzen noch. Vielleicht ist es die Sehnsucht nach Freiheit? Oder die Erkenntnis, dass diese Pflanzen in ihrer natürlichen Umgebung um einiges würdevoller erscheinen?

Die erste Reise in den Süden

Vor fast 40 Jahren bin ich das erste Mal in den Süden gereist: damals alleine mit Interrail nach Südspanien und Portugal. Die Reaktion beim Anblick der Zitronenbäume war damals wie heute dieselbe: Begeisterung. Das Herz bleibt halt doch jung. Die Farben, der Duft: all das hat weitere Erinnerungen hochgespült, die jahrelang verborgen waren. Was mich jetzt doch mehr daran glauben lässt, dass „das System“ nichts verliert.

Erinnerungen an Indien

Viele der Pflanzen und auch der strahlendblaue Himmel haben mich an meine Jahre in Indien erinnert. Das waren glückliche Jahre – mein Kopf wusste das die ganze Zeit. Aber die Umgebung hat Erinnerungen auf der körperlich-emotionalen Ebene ausgelöst. Das war interessant zu beobachten. Und so wurde ein kleines Samenkorn gelegt, vielleicht doch einmal wieder eine Reise nach Indien zu unternehmen.

Das Meer

Vom Schlafzimmer aus hörte ich die Brandung. Fast hatte ich den Eindruck, die Brandung und das Meer eroberten mein Unterbewusstes. Dinge kamen ins Fließen, auch wenn ich sie weder fassen noch benennen konnte. Ich träumte viel.
Das Meer sah nie gleich aus – und es hatte für mich auch etwas Beunruhigendes, Unsicheres. Sich ganz darauf einlassen – war das wirklich möglich? Ich entdeckte Abwehrreaktionen, wehrte mich gegen die Allgegenwärtigkeit:  manchmal nervte mich das ständige Rauschen und ich war froh, dass ich ihm bei meinen Wanderungen entfliehen konnte. Und dann war es wieder wunderschön, am Meer spazieren zu gehen oder am Strand zu stehen und dem Meer zuzuschauen. Es war eine ambivalente Erfahrung, ganz wie das Leben selbst. Eine gar nicht so kleine Erkenntnis war, dass ich auch zu meiner Genervtheit stehen darf, denn auch sie ist ein Teil von mir. Mit der Coachingbrille betrachtet ist diese Erkenntnis sehr wertvoll, denn oft geht es im Coaching um fehlende Akzeptanz, oder den mangelnden liebevollen Umgang mit sich selbst.

Blick auf das nächtliche Meer vom Balkon aus

Dazugehören

Alleine mit Anschluss

Meine Workation war eine „Auszeit mit Anschluss“. Es gab Ramona die mir die Wohnung vermittelt hat und ein Anlaufpunkt in einer Gegend war, deren Sprache ich nicht spreche. An einem Tag habe ich nur mit zwei Menschen “in Präsenz” gesprochen: beim Einkauf an der Kasse (ohne Spanischkenntnisse ein kurzes, pantomimisch begleitetes Intermezzo) und ein kurzer Dialog mit einer Engländerin, die ich bei einem Spaziergang sitzend vor ihrer Haustür angetroffen habe. Die Vorstellung, dass das immer so wäre, behagt mir nicht. Vielleicht wäre es anders gewesen, wenn ich für die Workation einen festen Arbeitsplan gehabt hätte – ein Buch schreiben, eine Kampagne vorbereiten oder so.
Für mich war es gut, dass ich durch Ramona irgendwie dazugehört habe, aber am Rande und ohne Verpflichtungen.  Bei einer workation ohne Kontaktperson würde ich darauf achten, dass es Begegnungsmöglichkeiten gibt, sei es beim gemeinsamen Essen oder Einkaufen oder durch den Besuch eines Kurses oder ähnliches.

3 Frauen
Nicole (links), Ramona (Mitte) und ich

Mit Besuch

Es gab zweimal Besuch: Mein Mann kam für ein paar Tage und meine Freundin Nicole Isermann ebenso. Vielleicht wäre mir die Zeit ohne diese Besuche länger vorgekommen? So hat es eher dazu geführt, dass ich nach 4 Wochen dachte, ich könnte noch 2 Wochen länger gebrauchen. Auf jeden Fall haben die Besuche die Zeit intensiviert durch neue Unternehmungen und andere Erfahrungen.

Neues entsteht

Ramona hat großen Anteil an dem Neuen, was in der Zeit entstanden ist. Seien es Fotos, die sie an einem Tag von mir gemacht hat – sie ist eine sehr gute Fotografin, was auf ihrem Blog sofort ins Auge springt). Wir waren im intensiven Austausch über alle möglichen Themen rund um das Bloggen und meinen 12von12 Beitrag, der in La Herradura entstanden ist, habe ich optisch ansprechender formatiert. Auch meine Homepage habe ich überarbeitet. Es wurde Zeit, die neuen Fotos, die Andreas Schäfer von mir gemacht hat, endlich auch zu zeigen.

Als Nicole zu Besuch war, haben wir Ramona besucht und dort gemalt. Ramona hatte sich während Corona intensiv mit der Malerei und dem Thema Farben beschäftigt. Nicole suchte gerade die Farben für ihr Branding. Ich hatte keine konkrete Fragestellung, war aber neugierig. Beim Malen entwickelte sich ein Prozess in mir: fließend und frei. Herausgekommen ist ein Bild. Ramona erkannte sofort, dass es der Ausdruck für mein Thema ist: Aufbruch Lebensmitte. Und so gibt es inzwischen Visitenkarten mit dieser Zeichung und auch die Grafik für das Aufbruch Lebensmitte Netzwerktreffen hat jetzt ein neues Gesicht.

Grafik für Aufbruch Lebensmitte Netzwerktreffen


Und noch etwas ist an diesem Tag entstanden. Ein kleiner Samen wurde gelegt für die Idee im nächsten Jahr in Andalusien ein Seminar anzubieten.  Der Same will wachsen – als hätte er schon lange auf diesen Moment gewartet. Was für eine unerwartete Wendung!

Mut

Das Thema Mut begleitet mich durch dieses Jahr. Mein Jahresmotto  lautet „Mutig weiter wirken“ und es beschäftigt mich weiterhin.  Noch vor wenigen Jahren hätte ich mir nicht vorstellen können, alleine zu wandern. Meine Orientierung ist unzuverlässig. Aber seit es Apps für die Navigation gibt, traue ich mir sehr viel mehr zu. 
Dennoch ist es immer noch etwas mutig, alleine in menschenleerer Natur unterwegs zu sein. In Andalusien war es anders. Es erschient mir sehr schnell fast selbstverständlich, dass ich alleine umherstromere. Ich fühlte mich aufgehoben in dieser Landschaft und empfand es gar nicht mehr als mutig.

Landschaft am Meer mit Aufschrift "Mutig?"

So ist es ja eigentlich immer mit Veränderungen. Wenn wir sie gemeistert haben, erscheint uns das neue Verhalten als vollkommen normal. Bald darauf erinnern wir uns kaum noch daran, dass es auch einmal anders gewesen ist. Das Wesentliche ist, überhaupt etwas Neues auszuprobieren. Der Schritt muss nicht groß sein – über die Zeit entwickeln sich aus kleinen Schritten große Veränderungen. Davon bin ich überzeugt.

Single-Dasein

Vor gar nicht allzu langer Zeit – zumindest gaukelt mir das meine Erinnerung vor – habe ich beim Wocheneinkauf schwere Einkaufswagen vor mir hergeschoben und der Kühlschrank war prallvoll.
Dann ist ein Kind nach dem anderen ausgezogen und es hat eine Weile gedauert, bis mein Mann und ich uns an die neuen Mengen gewöhnt haben. Wenn ich ganz ehrlich bin, ist dieser Prozess noch im Gange.

Bei der Workation machte ich nun die Erfahrung, wie es ist als alleinstehende Frau nur für sich selbst einzukaufen und zu kochen. Wie übersichtlich!

Der Single-Kühlschrank

Natürlich hat auch diese Medaille eine Kehrseite. Ich hätte nie gedacht, dass ich den Trubel und die damit verbundene Arbeit einmal vermissen würde. Diese Einsicht macht mich gelassener für den Alltag zu Hause – wenn mal wieder das Leben meinen Plänen in die Quere kommt und ich geduldig sein muss.

Post-Corona

Eine weitere vollkommen unerwartete Erkenntnis war die, wie tief Corona in mich hineingewirkt hat. Ich bin kurz vor Corona-Ausbruch in den Vorruhestand und habe mich als Midlife-Coach selbständig gemacht. Die folgenden Monate und, ja, Jahre war ich damit beschäftigt, die Selbständigkeit aufzubauen. Im Wesentlichen ging es darum, die Funktionsweise des Online-Business zu erlernen und gleichzeitig mein Thema zu finden. Dass es beim Thema um Neuorientierung und Sinnfindung gehen würde, hat sich erst im Laufe dieser Jahre herausgeschält. Der Prozess hat mich durch die Corona-Zeit getragen – und dafür bin ich sehr dankbar. Am Ende dieser drei Jahre hatte ich mein Thema und weiß nun ziemlich viel über das Online-Business.
Drei Jahre lang war ich ausschließlich in Deutschland und angrenzenden Ländern gereist. Glaubte der vernünftigen Stimme in mir, die Flugreisen ablehnte. Glaubte ihr auch, dass ich meine Neugier auf die Welt ausschließlich durch Lesen und Lernen befriedigen könnte. Und dann nach über 3 Jahren die erste Flugreise. Die überwältigenden Gefühle. Das Staunen über die Welt. Und die Erkenntnis, dass mir etwas Wesentliches gefehlt hat. Ich fühlte mich wie ein Fisch, der zurück ins Wasser geworfen wurde. Reisen, das Erkunden neuer Gegenden und Begegnung mit fremden Menschen war immer meine Sehnsucht – und wird es wohl auch immer bleiben. Das weiß ich jetzt.

Blick aus dem Flugzeug auf Wolken
Unendliche Weiten hoch über den Wolken

Der Arbeitsrythmus

Zu Hause habe ich einen gänzlich anderen Rhythmus als bei der Workation. Genauer gesagt: während der Workation hatte ich nicht wirklich einen Rhythmus. Ich habe gearbeitet, wann mir danach war – und es gelassen, wenn es nicht ging. Es war leicht, denn ich musste wenig Rücksichten nehmen.  Weil es so leicht war, hatte ich zunächst den Eindruck, dass ich eigentlich „nur“ vacation und wenig work gemacht hätte. Aber so war es wirklich nicht. Es hat sich nur so angefühlt. Die Leichtigkeit, glücklich zu leben, kommt aus der Kraft, die der Seele innewohnt – das habe ich mal irgendwo gelesen. Die Workation hat mir gezeigt, dass Arbeit ohne Druck möglich ist. Das ist eine der wertvollsten Erfahrungen dieser Zeit.

Fazit zur Workation in Andalusien

Für mich kam die Workation genau zur richtigen Zeit. Ich empfinde sie inzwischen als eine Zäsur zwischen Start der Selbständigkeit/Corona und dem, was jetzt noch vor mir liegt. Ich habe erfahren, dass ich meiner Intuition trauen darf – auch wenn ich oft nicht unmittelbar verstehe, wo sie mich hinführen will. Es ist gut, mich für ein paar Wochen aus dem Tagesgeschäft zu verabschieden und mir nichts Konkretes vorzunehmen – das weiß ich jetzt. Erst durch die Ortsveränderung wurden neue Verhaltens- und Denkmuster möglich. Es fällt mir jetzt leichter, darauf zu vertrauen, dass die Dinge sich in meinem Sinne entwickeln werden – auch wenn ich sie nicht „machen“ und vorantreiben kann. So war meine Erfahrung – es würde mich freuen, wenn du daraus auch Impulse für dich selbst mitnehmen konntest.



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Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. Nicole

    Liebe Korina,
    was für eine schöne Sammlung wunderbarer Erkenntnisse du während deiner Workation in Andalusien gesammelt hast.
    Ich bin gespannt, aus welchen Samen nun starke Pflanzen werden.
    Auch für mich war diese Zeit mit dir und Ramona inspirierend – vieles wirkt weiter nach und wird sich entwickeln. Danke für diesen Orts- und Perspektivwechsel mit dir/euch und alleine in Spanien.
    Liebe Grüße
    Nicole

    1. Liebe Nicole,

      ja, man darf immer gespannt sein, welche Samen aufgehen. Bin schon sehr neugierig, welche Brandingfarben du dann letztlich nutzen wirst.

      Herzliche Grüße, Korina

    2. Ramona

      Hi Nicole, ich bin gespannt, was sich alles für dich entwickeln wird.
      Dir ein schönes Osterfest und liebe Grüße aus der Sonne, Ramona

  2. Ramona

    Hi, du schöne und liebe Frau,
    war schön zu lesen und ich finde die Länge des Beitrags durchaus angemessen. Ist ja auch viel passiert im Innen und im Außen. Für mich ist das Bedeutendste aus dieser Zeit, dass aus unserem „Aufeinandertreffen“ im Netz ein reales wurde und daraus Begegnung erwachsen ist, wie Charles Pepín sie definiert. Ich habe es sehr genossen mal wieder intensiv (!) in meiner Muttersprache unterwegs sein zu können.
    Das bedeutet nicht, dass hier niemand sei, mit dem oder der das möglich ist. Nur, wer hier lebt, ist eben auch hier in einen Alltag mit all seinen Aufgaben eingebunden.
    Ich freue mich jedenfalls, dass wir uns sicher wiedersehen werden, sei es nun an einem Freitag im Monat oder wieder hier im sonnigen Süden Europas, sei es über Zoom oder im Bambú von Angesicht zu Angesicht.
    Hab schöne Ostertage, liebe und herzliche Grüße, Ramona

    1. Danke liebe Ramona. Ja, Begegnung, war ein wesentlicher Aspekt und ich freue mich auf das, was daraus noch alles erwachsen kann und darf.

      Herzliche Grüße – und Danke für alles, Korina

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