In diesem Beitrag geht es um Wünsche und Ziele und den Unterschied zwischen Wunsch und Ziel. Im Seminar „Gemeinsam durch eine besondere Zeit„, das ich gemeinsam mit Anja Kellermann halte, gibt es eine Aufgabe, die die Teilnehmerinnen auffordert, 13 Wünsche aufzuschreiben. Soweit so gut sollte man meinen. Aber was, wenn diese Aufgabe nicht so mal eben zu erfüllen ist? Was, wenn man keine Wünsche hat? Oder was, wenn es zu viele sind?
Wie sich Wünsche von Zielen unterscheiden und wie sie zusammenhängen, darüber schreibe ich in diesem Beitrag. Eines sei hier schon verraten: Wir brauchen beide, wenn wir unser Leben nach unseren Werten und Prioritäten gestalten wollen.
Wünsche, Träume, Sehnsüchte: ein paar Definitionen
Dinge, die wir gerne hätten oder erreichen möchten, bezeichnen wir als Wünsche. Ebenfalls notwendig ist es, dass sie uns emotional berühren. Wünsche sind nicht sofort und aus eigener Kraft erreichbar und sie können sich im Laufe der Zeit auch ändern. Beim Wünschen steht die Umsetzung nicht im Vordergrund. Manchmal spricht man auch von Herzenswünschen, Sehnsüchten oder Träumen.
Wenn der Unterschied zwischen Wunsch und Realität groß ist, spreche ich auch von Träumen. Träume sind also eigentlich auch Wünsche, aber eben besonders große. Auch Sehnsüchte würde ich den Wünschen zuordnen. Sie mögen etwas unkonkret sein und sind vielleicht in besonderer Weise emotional aufgeladen, aber letztlich sind auch Sehnsüchte etwas, das wir nicht unbedingt aus eigener Kraft umsetzen können.
Im Unterschied liegt bei den Zielen der Fokus auf der Umsetzung. Sie sind aus eigener Kraft erreichbar. Das heißt nicht, dass man sie ganz aus eigener Kraft schafft, aber die Steuerung liegt bei einem selbst. Wenn man also einen Lehrer, Experten oder Coach braucht, liegt es in der eigenen Verantwortung, diese Unterstützung zu organisieren.
Warum Wünsche wichtig sind, kann man gut erkennen, wenn man sich den wunschlosen Zustand einmal anschaut.
Wunschlos Glücklich?
Ist Wunschlosigkeit ein Anzeichen von Glück? Vielleicht ist das so. Der wunschlose Mensch lebt vollkommen im Hier und Jetzt. Das Wünschen findet in einem Spannungsfeld statt zwischen dem Leben im Hier und Jetzt und dem Leben in der Zukunft. Wenn wir zu sehr auf die Wünsche schauen, verpassen wir das Leben. Aber was ist, wenn wir gar keine Wünsche formulieren können? Welcher Mechanismus führt uns dann dazu, dass wir Neues ausprobieren? Was hilft uns dabei, schwierige Phasen auszuhalten? Was inspiriert uns? Ich behaupte, dass den meisten Menschen, die gar keine Wünsche haben, etwas fehlt und denke dabei an Begeisterung, Leidenschaft oder ganz allgemein Lebensenergie.
Als Kind fragte ich meine Mutter zuweilen, was sie sich zum Geburtstag wünscht. Die regelmäßige Antwort war: „Nichts – ich hab doch alles, was ich brauche.“ Das konnte ich damals überhaupt nicht verstehen. Ich hatte ständig Wünsche: die Puppe, das Fahrrad, besondere Malutensilien…. Heute kann ich meine Mutter besser verstehen. Ich habe genügend Geld, um mir die meisten Wünsche erfüllen zu können. Und ich finde auch, dass ich schon alles habe, was ich brauche.
Dennoch ist das Wünschen für mich wichtig. Mir etwas zu wünschen, ist Ausdruck meiner Lebensenergie. Es ist wie eine Wette auf die Zukunft: Ich werde noch ausreichend Gelegenheit haben, viele neue Erfahrungen in meinem Leben zu machen. Ich bin noch hungrig auf diese Erfahrungen, habe noch nicht mit allem abgeschlossen.
Ich freue mich darüber, dass meine Bucket-List prall gefüllt ist und ich mich von dieser langen Liste immer wieder inspirieren lassen kann. Dieser Punkt scheint mir wichtig: Wünsche formulieren zu können, bedeutet nicht automatisch, dass wir das Leben im Jetzt vernachlässigen.
Ich kann mir vorstellen, dass man wunschlos zufrieden sein kann – wenn man Zufriedenheit so versteht, dass das Leben unseren Vorstellungen
Oder wunschlos unglücklich?
Ich weiß: Die Überschrift ist etwas provokant. Nicht jeder Mensch, der keine Wünsche hat, ist automatisch unglücklich. Ich möchte einfach darauf hinweisen, dass die Wunschlosigkeit tiefere Ursachen haben kann und die Gleichung „wunschlos=glücklich“ eben nicht immer aufgeht.
Ein depressiver Mensch hat vermutlich keine Wünsche im oben skizzierten Sinn. Dafür ist er zu interesse- und antriebslos. Es ist Teil der Krankheit, dass es so ist.
Keine Wünsche zu haben, kann auch ein Ausdruck dafür sein, dass man sich vor Enttäuschungen schützen will. Wenn ich nicht formuliere, dass ich gerne einmal nach Paris reisen würde, dann ist es auch nicht schlimm, wenn es nicht passiert.
Möglicherweise gibt es eine innere Überzeugung, dass erst die Pflicht und dann das Vergnügen kommen darf. Wenn die Pflicht dann schon die gesamte verfügbare Zeit beansprucht, dann bleibt eben kein Raum mehr für das Wünschen. Man muss sich das Wünschen auch selbst erlauben können und den inneren Raum dafür schaffen.
Es gibt sicher noch andere innere Überzeugungen, die dem Wünschen im Weg stehen können. Ich möchte mit diesem Beitrag ermutigen, genauer hinzuschauen und nach ehrlichen Antworten zu suchen.
Der Unterschied zwischen Wünschen und Zielen
Ein Ziel ohne Plan ist nur ein Wunsch – dieser Satz stammt von Antoine de Saint-Exupéry. Ich möchte hinzufügen: Ohne den Wunsch kann ich keine sinnvollen Ziele setzen.
Wünsche geben die Richtung vor
Bei der oben erwähnten 13-Wünsche-Liste hatte ich keine Mühe, 13 Wünsche zu formulieren. Es war eine Mischung aus Wünschen und Zielen. Ich wünsche mir z.B. sehr, dass mein Ältester einen Praktikumsplatz findet. Das liegt mir sehr am Herzen, aber ich erkenne ich Moment nicht, wie ich das aus eigener Kraft heraus verwirklichen kann. Beim Wünschen ist die Umsetzung erst einmal zweitrangig. Zunächst erkenne ich vielleicht noch nicht, wie ich selbst zur Verwirklichung beitragen kann. Indem ich den Wunsch aufschreibe, habe ich aber einen ersten Schritt getan und mir selbst die Klarheit verschafft, dass mir dieser Wunsch wichtig ist. Das Aufschreiben verankert den Wunsch besser im Gedächtnis. Vielleicht schreibe ich einen Wunsch auch auf und indem ich mir den Wunsch immer wieder vor Augen führe und ihn in mir fühle, nähre ich ihn. Vielleicht erkenne ich mit der Zeit dann doch Schritte, die ich tun kann, um die Verwirklichung wahrscheinlicher werden zu lassen. Bei dem Praktikumswunsch fiel mir auf, dass ich meinen Sohn hierbei sehr wohl unterstützen kann. Ob er die Unterstützung annimmt und ob es dann tatsächlich klappt mit dem Praktikum, ist eine ganz andere Sache.
Ziele wollen umgesetzt werden
Es gibt Menschen, die fassen alles als Ziele auf. In gewisser Weise stimmt das natürlich, denn selbst wenn ich mir wünsche eines Tages auf den Kilimandscharo zu wandern, dann kann ich das als Ziel formulieren und es in handhabbare Teilziele herunterbrechen. Dann kann ich mir einen Plan dafür machen und alles in eine To-do-Liste sammeln. Solche Menschen haben lange To-do-Listen und beziehen viel Motivation daraus, dass sie alles, was sie sich vornehmen, auch umsetzen.
Ziele sind die Etappen auf dem Weg der Verwirklichung von Wünschen
Beim Ziel steht die Umsetzung und Verwirklichung ganz klar im Fokus. Entsprechend ist ein Ziel etwas, das ich selbst erreichen kann und auch will. Ein Ziel liegt also eindeutig im Bereich der Eigenverantwortlichkeit. Viele Wünsche können auch als Ziele formuliert werden.
Letztlich ist es auch eine Frage der persönlichen Präferenz. Es gibt Menschen, die können sich durch Ziele motivieren, andere lähmt das eher und sie brauchen zunächst den emotionalen Zugang über Wünsche oder Sehnsüchte.
Ein weiterer Aspekt, der bedacht werden kann. Der Zusammenhang zwischen Ziele und To-do-Listen. Wenn ein Ziel ohne Plan nur ein Wunsch ist, dann braucht das Ziel einen Umsetzungsplan. Solche Pläne münden üblicherweise in Listen: Projektpläne, Aufgaben- oder To-do-Listen. Es gibt Menschen, die Listen grundsätzlich ablehnen und auch welche, für die das Leben in nicht-endend-wollende To-do-Listen ein Gräuel. Ich gehöre eher in die Kategorie, die sich gerne Listen macht, aber es sind unterschiedliche Listen. Es gibt eine Aufgaben- und eine Wunschliste. Die Kunst besteht darin, beide Listen in ein gutes Verhältnis zu bringen und mich nicht ausschließlich den Pflichten zu widmen.
Fazit: Wünsche und Ziele brauchen sich gegenseitig
Wünsche und Ziele sind nicht dasselbe und brauchen sich gegenseitig. Das Leben nach eigenen Vorstellungen zu gestalten, gelingt mit dem Dreiklang aus Wunsch/Sehnsucht – Ziel – Plan. Wenn wir uns zu sehr auf unsere Wünsche konzentrieren und nicht genügend Energie in unsere Ziele stecken, bleiben wir in Tagträumen gefangen. Ziele helfen uns dabei, unsere Wünsche zu verwirklichen. Sie geben uns Orientierung und Motivation und helfen uns, unsere Zeit und Energie sinnvoll einzusetzen. Indem wir unsere Wünsche in konkrete, messbare Ziele umwandeln, können wir unsere Wünsche/Träume verwirklichen und unser Leben nach unseren Werten und Prioritäten gestalten.
Das nachfolgende Zitat bringt es gut auf den Punkt:
Die Sehnsucht nach dem großen, schönen Meer ist der Wunsch. Das Schiff zu bauen, um das Meer zu genießen ist das Ziel, das die Realisierung des Wunschs erst ermöglicht.
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Liebe Korina,
ich war für meinen Beitrag zu einer Blogparade auf der Suche nach Antworten zu meiner Frage, was ist überhaupt der Unterschied zwischen Träumen und Wünschen. Dein Artikel hat mich sehr inspiriert und zum Nachdenken gebracht.
Vielen Dank. ❤️
Ulrike
Liebe Ulrike,
vielen Dank für diese schöne Rückmeldung. Was mehr kann sich ein Blogger wünschen als einen Stein der Inspiration ins Wasser zu werfen. An welcher Blogparade nimmst du denn teil?
Herzliche Grüße und alles Gute, Korina
Liebe Korina,
das verrate ich dir gerne…
https://luciestumm.de/blogparade-lass-deine-traeume-wahr-werden-2024
Vielleicht hast du Lust, mitzumachen.
Liebste Grüße,
Ulrike
Liebe Ulrike,
das ist ein interessantes Thema – mit dem Wünschen hatte ich selbst einige Jahre lang so meine Mühe. Vermutlich brauchen sie etwas Luft zum Atmen;-)
Ich schau mal rein und wenn es terminlich passt, mache ich vielleicht auch mit.
Danke für den Hinweis und herzliche Grüße, Korina